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© Thilo Rückeis

Ehrenamt: Klare Regieanweisung

Neue Serie: Die Wall AG und der Tagesspiegel stellen engagierte Berliner vor. Teil 1: Sonja Bertram verkörpert in Krankenhausserien schon mal die Patientin. In ihrer Freizeit zeigt sie die medizinisch richtigen Griffe. Die 24-jährige Schauspielerin schult Menschen zu Lebensrettern: Sie gibt Erste-Hilfe-Kurse bei den Johannitern.

Zuerst fällt die Stimme auf. Klar und laut ist sie, und die Frau, der sie gehört, bewegt sich raumgreifend und körperbewusst wie auf einer Bühne. Doch Sonja Bertram steht hier nicht auf der Bühne oder vor der Kamera, wo sie ihr Geld als Sängerin und Schauspielerin verdient. Sie gibt einen Erste-Hilfe-Kursus im Ausbildungszentrum der Johanniter in Mitte. Ehrenamtlich.

Im Gegensatz zu ihr sitzt ihr Publikum hier nicht freiwillig, dies ist ein Pflichtkursus. Trotzdem hat die zierliche 24-Jährige kein Problem, die Aufmerksamkeit zu halten. „Die Arbeit auf der Bühne hilft mir, mit den Menschen in meinen Kursen umzugehen“, sagt sie. „Umgekehrt habe ich vor einem Auftritt weniger Lampenfieber als früher. Ich bin es einfach gewohnt, vor Leuten zu stehen.“ Imaginäre Brandwunden zu versorgen, Plastikpuppen wiederzubeleben – das gehört zu Sonja Bertrams Alltag, seit sie bei den Johannitern ist. Seit zwei Jahren engagiert sie sich als Ausbilderin, im Schnitt ist sie sechs Tage im Monat vor Ort. Reich werde sie so zwar nicht, sagt sie. „Aber ich kann es mir leisten, mich sozial zu betätigen.“

Interessant fand sie Unfallmedizin und Anatomie schon vor einigen Jahren. Der eigene Erste-Hilfe-Kursus für den Führerschein eines kleinen Motorrads habe sie überzeugt, sagt die gebürtige Kölnerin. Bis sie sich spontan entschloss, bei den Johannitern anzurufen und selbst Kurse zu belegen, um Ausbilderin zu werden, hat es trotzdem noch eine Weile gedauert. Doch sie wollte sich unbedingt fortbilden und Wissen weitergeben. „Ich will mich für etwas einsetzen, bei dem Geld nicht im Vordergrund steht“, sagt Sonja Bertram. „Ich bin nur hier, weil ich hier sein will und glaube, etwas Sinnvolles zu tun.“ Medizinerin wollte sie dennoch nicht werden: „Das sagen zwar alle Sängerinnen, aber es ist wirklich so: Ich habe einfach schon immer gesungen.“ Als Mädchen flog sie aus dem Kirchenchor, weil ihre Stimme zu dominant war. Studiert hat sie klassischen Gesang dann trotzdem. Mittlerweile, sagt sie, habe sie eine große Leidenschaft für Jazz und Soul entwickelt. Im September tritt sie zum ersten Mal mit ihrer neuen Band Yosoul in Berlin auf.

Zur Schauspielerei dagegen kam Sonja Bertram eher zufällig: Ihr Bruder wollte Schauspieler werden und nahm sie auf ein Casting mit; auch die Rolle einer Tochter sollte besetzt werden. Sonja Bertram war 14, hatte eine feste Zahnspange, rot gefärbte Haare und auf der Schulter eine Ratte. „Das fiel zwar auf“, sagt sie und lacht hell und laut, „aber der Regisseur fand mich gut.“ Ein kleines silbernes Piercing im Ohr ist aus dieser Zeit geblieben. Schauspielerin ist sie seitdem auch, ihr Bruder dagegen hat beruflich umgesattelt.

Eine Rolle als Nachwuchs-Tennisstar in „Der letzte Zeuge“ mit Ulrich Mühe, 2007 kurz vor Mühes Tod gezeigt, sei ihr Lieblingsprojekt gewesen, sagt sie. Auch für ein paar Krankenhausserien wie etwa „Für alle Fälle Stefanie“ stand sie mittlerweile vor der Kamera. In ihren Rollen hatte sie Magersucht, war schwanger nach Vergewaltigung und musste einmal sterben. Auf der Seite der Helfer wie bei den Johannitern stand sie beim Dreh bisher nie. Doch vom Krankenbett aus hat sie sich ein paarmal eingemischt, als sie fand, es würden Einstellungen gedreht, die medizinisch nicht korrekt waren. Da war sie nicht immer erfolgreich: „Wenn der richtige Ablauf gerade nicht zur Kameraeinstellung passt, wird eben improvisiert“, sagt Sonja Bertram. Die korrekten Handgriffe bringt sie dafür eben den Teilnehmern in ihren Erste-Hilfe-Kursen bei.

www.sonja-bertram.de

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