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Nach getaner Arbeit. Elternvertreterin, Bezirksverordnete, Vereinsgründerin: Auf über 50 Jahre Ehrenamt kann Christiane Richter zurückblicken.

© Susanne Vieth-Entus

Ehrenamtlich für Berlins Schüler: "Seniorpartner in School"-Gründerin gibt Amt ab

Ein "Meisterstück der sozialen Arbeit" nennt Barbara John das, was Christiane Richter aufgebaut hat. Aber die "Seniorpartner" waren nicht alles.

Es passiert nicht oft, dass Sawsan Chebli, Berlins Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, Hausbesuche macht. Am Mittwoch war so ein Tag. Da fuhr sie nach Neukölln und klingelte an der Haustür von Christiane Richter. Denn die 82-Jährige ist eine Art Verkörperung dessen, was bürgerschaftliches Engagement bedeuten kann. Aber am Donnerstag gibt sie aus gesundheitlichen Gründen das Ehrenamt ab, das ihr am liebsten war.

Christiane Richter ist in Berlin besser bekannt unter dem Namen des Vereins, den sie nach ihrer Pensionierung 2001 gegründet hatte: Er heißt Seniorpartner in School, kurz: SiS, und ist aktuell mit 250 Ehrenamtlichen in 55 Berliner Schulen sowie bundesweit in 14 Ländern aktiv. Der Grundgedanke ist: Die Generationen zusammenzubringen und zwar nicht irgendwie und irgendwo, sondern dort, wo es brennt: in Schulen, bei Konflikten.

Als die gelernte Sozialarbeiterin auf diese Idee kam, hatte sie schon jede Menge außerberufliches Engagement hinter sich: „Ich war ewig Elternvertreterin in Neukölln und 17 Jahre lang auf Bundesebene aktiv“, erzählt Richter.

"Buschkowsky hat mich ausgelacht"

Auch kaum ein Berliner Schulgremium, dem sie nicht angehörte: Bezirkselternausschuss, Landesschulbeirat, Landeselternausschuss; bis alle drei Kinder aus der Schule raus waren. Und außerdem saß sie von 1992 bis 2002 in der BVV Neukölln.

"Buschkowsky hat mich damals ausgelacht, als ich Sozialarbeiter für die Schulen forderte“, erinnert sich die Sozialdemokratin, die sich nicht nur in den Schulen ihrer eigenen Kinder gut auskannte, sondern – etwa als Einzelfallhelferin im Jugendamt Neukölln und bis 1999 im Jugendamt Treptow – auch in anderen Schulen herumkam. Es dauerte dann noch bis 2006, bis nicht nur die Rütli-Schule Sozialarbeiter bekam.

Aber das Problem der fehlenden Hilfen für die Schulen hat sie nicht losgelassen, und so entstand der Gedanke, auf andere Weise zu helfen: Die Idee zu Seniorpartner in School war geboren. Zumal es da noch ein anderes Phänomen gab, das die sechsfache Großmutter beschäftigte: Viele Großeltern sehen ihre Enkelkinder nur zu Festen.

„Im Schnitt sieben Mal pro Jahr“, hatte Christiane Richter im Mai 2001 dem Tagesspiegel vorgerechnet. Das fand sie schade – nicht nur, weil der Enkelgeneration damit etwas fehlt, wovon Richter überzeugt ist, sondern auch, weil viele Menschen nach der Pensionierung auf der Suche sind nach sinnvollen Aufgaben – gern auch mit regelmäßigen Terminen, die der Woche eine Struktur geben. Und die außerdem froh sind, wenn sie Neues lernen können.

Tandems an 55 Grund- und Oberschulen

Auch dafür sorgt Richters Verein: Zum Konzept gehören 80 Stunden Weiterbildung sowie weitere Veranstaltungen zu Schwerpunkten. „Es geht um Themen wie Mobbing, Cybermobbing, Verhaltensstörungen, um Gewaltmediation“, zählt Wolfgang Barenberg auf. Der 76-Jährige hat für sich festgestellt, dass es „nichts Besseres gibt als den Umgang mit jungen Leuten“.

Zusammen mit einer anderen Seniorpartnerin bildet er ein Tandem, das ein bis zweimal pro Woche einer bestimmten Oberschule zugeordnet ist. Die meisten Tandems arbeiten allerdings an Grundschulen und einzelne auch an Berufsschulen.

Viel Anerkennung hat Richter für ihre Arbeit erhalten – auch dadurch, dass sowohl die Senatsverwaltung für Soziales als auch die für Bildung den Verein finanziell unterstützen. Zudem gab es immer wieder Hilfe durch Sponsoren und – Würdigungen von Menschen, die die Bedeutung von Christiane Richters Einsatz einschätzen konnten.

Ein „Meisterstück der sozialen Arbeit“ sei Richter mit dem Verein Seniorpartner gelungen, befand Barbara John, als sie der Gründerin 2016 die Goldene Ehrennadel des Paritätischen Landesverbandes Berlin für ihre „außergewöhnlichen Leistungen für das soziale Berlin“ verlieh. Richter gehöre „zu den Berliner Frauen, die auf mehr als fünfzig Jahre soziales Engagement zurückblicken“.

Was Richter erreicht habe, sei „phänomenal und einzigartig“ und verdiene größte Wertschätzung, steht für Staatssekretärin Sawsan Chebli fest: „Ich verneige mich vor ihrer Lebensleistung“, sagte sie am Mittwoch, denn Richter habe „sich nicht aufhalten lassen und für ihre Sache gekämpft“.

Wer Interesse an einer Mitarbeit bei Seniorpartner in School hat, muss mindestens 55 Jahre alt sein. Die nächste Weiterbildung zum Schulmediator, zu der man sich bewerben kann, findet im Herbst statt. Kontakt: 030/62 72 80 48 oder seniorpartner.berlin@inetmx.de

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