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Überlebensgroß. In den USA wurde Ronald Reagan am Wochenende vielfach geehrt.

© imago stock&people

Ehrung: Berlin sucht den Ronald-Reagan-Platz

"Mister Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor!" Mit diesem Satz ist der ehemalige US-Präsident Ronald Reagan den Berlinern im Gedächtnis geblieben. Nun lässt der Senat Orte für eine Würdigung prüfen.

In den seit Jahren schwelenden politischen Streit um eine zusätzliche Ehrung des einstigen US-Präsidenten Ronald Reagan in Berlin kommt Bewegung: Der Senat hat die zwölf Bezirke in einem Schreiben dazu aufgefordert, sich dazu zu äußern, ob und in welcher Form sie sich eine Ehrung Reagans vorstellen könnten. Das sagte der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus-Dieter Gröhler (CDU), dem Tagesspiegel am Montag.

Damit reagiert der Senat auf die in letzter Zeit vor allem seitens der CDU erhobene Forderung, den vor sechs Jahren gestorbenen 40. US-Präsidenten – der am Sonntag 100 Jahre alt geworden wäre – mit einem nach ihm benannten Platz oder eine Straße zu ehren.

Bislang beschränkt sich die Ehrung auf die 1993 verliehene Ehrenbürgerwürde der Stadt. Das ist zwar die höchste Auszeichnung, die Berlin zu vergeben hat. Aber da davon im Alltag kaum etwas zu sehen ist, haben Politiker wie Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel wiederholt gefordert, an Reagan auch öffentlich sichtbar im Stadtbild zu erinnern.

Viele Berliner verbinden mit dem Präsidenten bis heute vor allem dessen Auftritt am Brandenburger Tor am 12. Juni 1987. Dort rief Reagan vor zehntausenden Zuschauern: „Mister Gorbatschow, öffnen Sie dieses Tor! Reißen Sie diese Mauer nieder!“ Durch Sätze wie diesen und durch seine Politik habe der bis 1989 amtierende Politiker dazu beigetragen, die deutsch-deutsche Teilung zu überwinden, sagen Landespolitiker wie Frank Henkel. Der Senat hat auf die Forderung nach einer Platz- oder Straßenbenennung bislang mit der Antwort reagiert, eine solche Ehrung sei Sache der Bezirke, ohne dem Taten folgen zu lassen – nun hat die Landesregierung von den Verwaltungen erstmals eine Einschätzung angefordert, ob und welche Straßen oder Plätze infrage kämen. CDU-Politiker Gröhler begrüßt das Vorhaben und hat „großes Interesse“ an einem Ronald-Reagan-Platz oder einer Straße in seinem Bezirk. Dessen Besuch 1987 war „ein starker emotionaler Moment, der sich in meine Erinnerung eingebrannt hat“.

Die Bedeutung Reagans für Berlin und die Wiedervereinigung betonten am Montag US-Botschafter Philip D. Murphy, der frühere Botschafter Richard R. Burt und der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD). Sie legten an Reagans Porträt in der Ehrenbürgergalerie des Abgeordnetenhauses Blumengebinde nieder und würdigten den Präsidenten als Wegbereiter der Entspannungspolitik gegen Ende des Kalten Krieges. „Er hat für die Wiedervereinigung eine große Rolle gespielt, seine Politik hat ein neues Verhältnis von Ost und West eingeleitet“, sagte Parlamentspräsident Momper. Das sei „eine großartige Leistung“, ungeachtet der vielen Kritik, die es in Deutschland an Reagan immer wieder gegeben habe. Botschafter Murphy pries Reagans Fähigkeit, auf Menschen aus aller Welt zuzugehen, um politische Ziele zu erreichen. Dies bezogen Murphy und sein Vorvorgänger Burt vor allem auf jenen Politiker, dessen Porträt im Abgeordnetenhaus neben dem Reagan-Ölgemälde hängt, den einstigen sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow: Die beiden Politiker „haben die nukleare Bedrohung abgebaut und Kompromisse gefunden, die zum Fall der Mauer führten“, sagte Burt, der von 1985 bis 1989 Botschafter in der Bundesrepublik war.

Die deutsche Debatte, ob Berlin Reagans Errungenschaften bereits genug gewürdigt hat, verfolgen die beiden Amerikaner mit Befremden. „Sein politisches Erbe ist bislang weder von den Deutschen noch von den Berlinern ausreichend verstanden und geehrt worden“, sagt Burt am Rande der Ehrung dem Tagesspiegel. Murphy, der von US-Präsident Obama ernannt wurde und sich dem Republikaner Reagan zumindest parteipolitisch weniger verbunden fühlt, äußert sich zurückhaltender, ließ aber ebenfalls erkennen, dass die Ehrenbürgerschaft noch nicht das letzte Wort sein sollte: „Berlin muss entscheiden, wie man ihn angemessen ehrt.“ Präsident Obama zumindest, so Murphy, sehe Reagan als politisches Vorbild und zitiere ihn häufig.

Wie groß die Hochachtung der Amerikaner für den Ex-Präsidenten bis heute ist, zeigte sich bereits vor der gestrigen Ehrung. Als die Botschafter mitsamt Entourage durch die Parlamentsflure zu Walter Mompers Büro gingen und dabei schon einmal kurz an Reagans Porträt vorbeikamen, war aus der Gruppe heraus der freudige Ausruf zu hören: „Here’s the Boss!“

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