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Berlin: Ein Affentanz

Bezirksamt will die Aufkleber der Gruppe „Kazik“ stoppen

Einfach mal den Affen machen. Auf diese Idee kam die Kreuzberger Künstlergruppe Kazik, als sie ein rosarotes Äffchen als Aufkleber entwarf. „Seit vier Wochen sind 35000 Stück im Umlauf“, verkündet Grischa Witt stolz. Die Verbreitung ist einfach: Sie legen die Aufkleber aus und verteilen sie an die Fans. Und diese kleben den Affen dann in der Innenstadt an – jetzt hängen sie vor allem an Verkehrsschildern oder an Ampeln. Kazik, das ist eine Künstleragentur von acht Mittzwanzigern aus der Forster Straße. Kennen gelernt haben sie sich vor zehn Jahren, über Graffiti und über die Hip-Hop-Kultur. Heute sprühen sie nur noch legal. „Wir haben kaum Zeit, und illegal zu sprühen ist uns wegen der Agentur zu gefährlich“, sagt Grischa Witt.

Kazik will sich auf Jugendmarketing, auf Web- und Grafikdesign spezialisieren. Gelernt haben sie ihren Beruf nicht. „Wir sind Autodidakten“, sagt Witt. Ihre Affen-Aktion könnte ihnen jetzt Kummer bringen, denn das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf drohte der Gruppe jetzt mit einer Strafe von bis zu 10000 Euro, sollte die Klebeaktion kein Ende finden. Kaziks Verteidigungsstrategie: Sie legen die Aufkleber doch nur aus und verteile sie, klebe aber nicht selber. Sie nennen es „das Erbe ihrer alten Kunst“, oder die „Fortsetzung mit anderen Mitteln“. Denn was einst die Sprühdose für Kazik war, ist nun der Aufkleber, relativ klein, auf dem ein rosarotes Äffchen ohne Augen zu sehen ist.

„Berlin ist ein Dschungel“, sagt Grischa Witt. Die Stadt sei unüberschaubar. Und der Affe sei schon immer das Symbol für das freche Etwas, das sich durch die undurchdringlichen Wälder schwingt. „Wir wollen zeigen, wie man mit kreativen Mitteln den urbanen Raum für sich erobern kann.“ Doch nicht jedem klettert das Äffchen gleich ins Herz. Neben dem Bezirksamt beschweren sich auch die ersten Anwohner.

Das Aufkleben erinnert an eine Strategie der Graffiti-Szene, dem „Bombing“, nach der möglichst viele Graffiti schnell, ohne auf Qualität zu achten, aufgesprüht werden. Jährlich, so schätzen Experten, verursache das Besprühen von Wänden, Bussen und Bahnen Schäden von bis zu 250 Millionen Euro. Kazik reklamiert für die Graffiti-Szene wie für ihre Affen Freiräume – das bräuchten die Jugendlichen.

Jens Thomas

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