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Berlin: Ein angeblich ganz geheimer Stasi-Doktor

Kaufmann wegen Titelmissbrauchs und Drogenhandels vor Gericht – dealte er kiloweise Haschisch?

Der Mann hat ganz spezielle Geheimnisse. Er ist von Beruf Kaufmann und trug jahrelang stolz den Doktortitel: Dr. rer. oec. Den will Ronald H. unter Federführung der Stasi an einer Hochschule bei Potsdam erlangt haben. Angeblich mit einer Geheimdissertation. Doch die Justiz hat ihre Zweifel. Schließlich lebte H. zum Zeitpunkt seiner angeblichen wissenschaftlichen Arbeit längst im Westen. Also ein Missbrauch von Titeln? Seit gestern muss sich der 57-Jährige vor dem Berliner Landgericht verantworten.

In dem Prozess geht es zudem um den Handel mit Drogen. Der Kaufmann soll Organisator einer Lieferung von 8,5 Kilogramm Haschisch gewesen sein, die im August 1999 von schwedischen Behörden sichergestellt wurde. Er soll sich das Rauschgift während der Verbüßung einer Haftstrafe wegen Drogenhandels beschafft und an einen Komplizen in Norddeutschland geschickt haben, der dann den Transport ins Ausland in die Wege leitete, der schließlich scheiterte. Doch auch bei diesem Vorwurf gibt es mehr Geheimnisse als Fakten. Die Anklage geht von einem „nicht ermittelten Weg“ und einem „nicht ermittelten Mittäter“ aus. Auch der genaue Tatzeitpunkt blieb im dunkeln. Einer der beiden Verteidiger nannte das „einfach schwammig“.

Kaufmann H. wurde im Februar verhaftet. Wieder einmal. Seit 1969 stand er immer wieder vor Gericht. Nun geht es um viel: Die Staatsanwaltschaft strebt für den zum Teil einschlägig vorbestraften Mann die Sicherungsverwahrung an. Weil er ein unverbesserlicher Wiederholungstäter sei. Ronald H. aber blieb zunächst ungerührt. Am ersten Verhandlungstag hütete er seine Geheimnisse. Schweigend saß der äußerst seriös wirkende Mann mit grauem Vollbart auf der Anklagebank.

Der angebliche Titelmissbrauch sei schon mehrfach in Norddeutschland erfolglos zur Anklage gebracht worden, sagte einer seiner Rechtsanwälte. Die Berliner Staatsanwaltschaft stützt sich nun auf zwei Schreiben, die H. mit einem falschen Doktortitel verschickt haben soll. Eines davon ging an die Sozialen Dienste der Justiz. Am Mittwoch wird der Prozess fortgesetzt. Kerstin Gehrke

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