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Berlin: Ein Bayern-Fan bewirtet die Bremer

Der SV Werder hat nicht nur gute Chancen auf den Meistertitel, sondern jetzt auch eine eigene Kneipe in Berlin – viele andere Bundesliga-Klubs haben das schon längst

Das „Alois S.“ sieht nicht so aus, wie man sich eine Fußballkneipe vorstellt. Keine Trikots, keine Wimpel an den Wänden. Stattdessen Mediterranes: In der Theke liegen Oliven, Käse, Schinken und andere spanische Spezialitäten, auf einer Tafel wird der „Wein der Woche“ angepriesen. „In Spanien sind Tapas-Bars immer zugleich Restaurants und Kneipen“, sagt Larry Heer, Wirt des „Alois S.“. Deshalb bot er, als die Bar vor drei Jahren eröffnete, nicht nur spanisches Essen an, sondern richtete auch eine „Fußball-Lounge“ im Keller ein – für die Kneipenatmosphäre. Damals war ihm nicht klar, was sich daraus entwickeln würde.

Wenn Hertha BSC am Sonnabend um 15 Uhr 30 zum ersten Spiel nach der Winterpause im Weserstadion aufläuft, treffen sich die in Berlin lebenden Fans des SV Werder Bremen im „Alois S.“. Der Keller reicht dafür längst nicht mehr aus. Heer baut seine Leinwand mittlerweile oben im Lokal auf. Bis zu 200 Bremer Fans kommen Spieltag für Spieltag in die Tapas-Bar in Prenzlauer Berg. Schon zwei Stunden vor dem Spiel pilgern die ersten, einige in grün-weißer Fan-Kleidung, vom S-Bahnhof Prenzlauer Allee zur Senefelderstraße. „Es ist fast wie im Stadion“, sagt Heer. „Wenn ein Tor für Bremen fällt, hören das die Nachbarn im fünften Stock.“ Und es fallen viele Tore in dieser Saison: 45 in den ersten 17 Spielen haben die Bremer geschossen, mehr als jede andere Mannschaft. Das hat Werder den ersten Tabellenplatz und Larry Heer immer mehr Gäste eingebracht. Als Bremen gegen Bayern München spielte, war seine Kneipe eine Stunde vor dem Spiel voll.

„Es gibt ja sonst kaum eine Möglichkeit, die Spiele seines Vereins live zu sehen“, sagt Dennis Gehnen. Der Rechtsreferendar lebt seit fünf Jahren in Berlin und hat lange nach einer Bremer Fußballkneipe gesucht: „Die meisten Kneipen zeigen Hertha oder Bayern. Wirte, die auf einen anderen Verein fixiert sind, sind schwer zu finden.“

Dabei gibt es in Berlin für viele Fans in der Fremde einen Ort, an dem sie die Spiele ihrer Mannschaft live auf Premiere erleben können. Dortmund-Fans treffen sich in der „Milchbar“ in Kreuzberg, Schalker bei „Pivi“ in Schöneberg. Lauterer in der „Mary Jane Bar“ in Prenzlauer Berg und die Fans von Hansa Rostock in „Schuppes Sportklause“ in Mitte. Wirt Joachim Fischer ist selbst der größte Hansa-Fan. Er hat den Exil-Fanklub „Berliner Fischköppe“ gegründet.

Larry Heer ist dagegen eher unfreiwillig Gastgeber der Bremer geworden. Am Anfang zeigte er noch das jeweilige Topspiel des Tages. Eines Tages kamen zwanzig Bremer in die Bar. Die Fans fragten, ob er Lust hätte, in Zukunft die Spiele des SV Werder zu zeigen und versprachen, in der nächsten Woche wiederzukommen. Heer ließ sich darauf ein. Das war vor zweieinhalb Jahren. Inzwischen ist das „Alois S.“ ein fester Treffpunkt, der sich bis nach Bremen herumgesprochen hat. Die Geschäftsstelle des Tabellenführers schickte dem Wirt vor einigen Monaten eine Vereinsfahne, unterschrieben von allen Werder-Profis.

Der im Schwarzwald geborene Heer hat seine Bremer inzwischen lieb gewonnen. „Ich gönne Bremen die Meisterschaft“, sagt er. Das will einiges heißen. Larry Heer ist seit vierzig Jahren Bayern-Fan.

Alois S., Senefelderstraße 18, Prenzlauer Berg. Schuppes Sportklause, Torstraße 151, Mitte. Milchbar, Manteuffelstraße 40/41, Kreuzberg. Pivis No. 1, Landshuter Straße 1, Schöneberg. Mary Jane Bar, Kastanienallee 24, Prenzlauer Berg.

Steffen Hudemann

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