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Bärentheater. Berlin ist nicht leicht zu regieren – und manchmal geht es zu wie im Kasperltheater, wie hier bei der Wiedereröffnung der sanierten Siegessäule. Klaus Wowereit hat trotzdem zehn Jahre als Senatschef durchgehalten. Und hat offenbar noch nicht genug davon. Foto: dapd/Michael Gottschalk

© dapd

10 Jahre im Amt: Die Tops und Flops der Ära Wowereit

Seit Juni 2001 regiert Klaus Wowereit Berlin: Sparpolitik, Flughafenbau und Bildungsreform sind seine Erfolge. Aber mit Verwaltung und S-Bahn, Klimaschutz und Baupolitik steht der SPD-Politiker im Soll.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Am 16. Juni 2001 wurde Klaus Wowereits im Abgeordnetenhaus zum Regierenden Bürgermeister gewählt – mit 89 von 169 Stimmen aus den Reihen von SPD, Grünen und PDS fand der SPD-Politiker seine Mehrheit. Zehn Jahre ist Wowereit nun im Amt. Was hat er seitdem Großes geleistet? Was ist ihm gar nicht gelungen? Eine kleine, unvollständige Bilanz: Fünf Mal Top und fünf Mal Flop.

TOP: HAUSHALTSKONSOLIDIERUNG

Trotz der verlorenen Klage vor dem Bundesverfassungsgericht 2006 zog sich Berlin mit einer beinharten Sparpolitik am eigenen Schopf aus dem Schuldensumpf. Beispielgebend waren der Solidarpakt für den öffentlichen Dienst und der Stopp der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau. Ein sensationeller Erfolg war der Verkauf der Landesbank für 5,3 Milliarden Euro. Trotz des hohen Schuldenbergs steuert Berlin jetzt auf einen nachhaltig ausgeglichenen Haushalt zu.

TOP: HAUPTSTADT BERLIN

Es war ein langer Weg, der zwei Jahrzehnte währte, bis Berlin nicht nur im Einigungsvertrag und in Sonntagsreden, sondern de facto zur deutschen Hauptstadt wurde. In Wowereits Amtszeit fallen zwei wichtige Finanzierungsverträge und die Verankerung Berlins als Hauptstadt Deutschlands im Grundgesetz. Diese Klausel ging auf einen Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters zurück.

TOP: BILDUNG

Im Wahlkampf 2006 versprach Wowereit, dass die Kitagebühren in Berlin schrittweise abgeschafft werden. Er hielt sein Versprechen und änderte auch seine Meinung, dass Studiengebühren notwendig seien. Kostenlose Bildung vom Bilderbuch bis zur Diplomarbeit ist ein Markenzeichen des SPD-Politikers geworden. Auch die Fusion von Haupt- und Realschule zur Sekundarschule und die Pflege der Berliner Hochschullandschaft kann Wowereit als Guthaben verbuchen.

TOP: FLUGHÄFEN

Wenn der neue Airport Berlin-Brandenburg am 3. Juni 2012 in Schönefeld eröffnet wird, ist die Hauptstadt endlich metropolengerecht an die Welt angebunden. Wowereit hat dann das größte Ziel seiner bisherigen Amtszeit erreicht, das er im zähen Kampf gegen viele Widersacher durchsetzte. Inklusive der Schließung der Flughäfen Tempelhof und Tegel.

TOP: BRANDENBURGER TOR

Wer erinnert sich noch daran? Der damalige Bausenator Peter Strieder (SPD) wollte das Tor nach der Sanierung im Frühjahr 2002 wieder für Busse und Taxis öffnen. Wowereit war strikt dagegen und setzte sich im Senat durch. Eine städtebauliche Großtat.

FLOP: VERWALTUNGSREFORM

Es ist die größte Schlappe der zehnjährigen Amtszeit Wowereits, dass die Berliner Verwaltung auf den Hund gekommen ist. Mit vielen überalterten, demotivierten Mitarbeitern, Mittelmaß in den Führungsetagen und veralteter IT-Technik. Die Bezirke sind als kommunale Dienstleister überfordert, für junge Leute ist der öffentliche Dienst wenig attraktiv. Die Verwaltungsreform ist gescheitert.

FLOP: S-BAHNVERTRAG

Für die Krise der S-Bahn ist nicht der Senat verantwortlich. Aber für den schlechten Verkehrsvertrag mit der Bahn, der 2004 unterschrieben wurde, muss Wowereit geradestehen. Eine für das Land Berlin finanziell unvorteilhafte Vereinbarung mit viel zu langer Laufzeit – bis 2017. Bis dahin sitzt die bundeseigene Deutsche Bahn am längeren Hebel.

FLOP: KLIMASCHUTZ

Auch wenn der Regierungschef inzwischen locker über „Green Economy“ plaudern kann, ist der Klimaschutz für ihn eine ferne Welt. Seine Berater bemühen sich unentwegt, ihn näher heranzuführen. Der Dienstwagen mit 407 PS passt ins Bild. Das angekündigte Klimaschutzgesetz liegt bei den Akten, die Energiekonzepte des Senats sind ein Kompass, aber keine Wegbeschreibung.

FLOP: ICC

Nur unverbesserliche Optimisten glauben, dass das Internationale Congress Centrum (ICC) wie vom Senat beschlossen bis 2016 für 182 Millionen Euro saniert wird. Abreißen oder umbauen? Seit zehn Jahren wird darum gestritten, und das in der berühmten Kongressmetropole Berlin, die einen funktionierenden Veranstaltungsbau dringend braucht.

FLOP: TEMPODROM

Der moralische Schaden war deutlich höher als der finanzielle. Die Affäre um den Veranstaltungsbau in Kreuzberg blieb ein Synonym für Selbstüberschätzung, Filz und mangelnde demokratische Kontrolle politischen Handelns.

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