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Qualität des Essens: Ein Fall für die Kommission

Wie gut Kita- und Schulessen in Berlin sein soll, regeln nur Empfehlungen Doch wer kontrolliert? Am besten die Eltern selbst. Lehrer essen selten mit.

Mittagessen in der Kita und der Schule soll Kinder nicht nur satt machen. Sie sollen danach fit für die zweite Tageshälfte, mit Vitaminen und Nährstoffen versorgt sein und erfahren haben, dass gesunde Gerichte lecker schmecken. Soweit die Theorie. Doch wie sieht das in der Praxis aus und vor allem: Wer kontrolliert das?

Beraten werden Berliner Kitas und Schulen in Essensfragen von einem Verein, der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung. Doch für die Kontrolle der angelieferten Verpflegung sind nach deren Ansicht die Auftraggeber verantwortlich, also Schul- oder Kitaträger. Denn die Verträge zur Essensversorgung werden in Berlin, mit Ausnahme der verpflichtenden Ganztagsschulen, zwischen Schulträger und Catering-Betrieb geschlossen.

Für die Qualität des Schulessens gibt es Kriterien, die in Berlin entwickelt und von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) übernommen wurden. Sie sehen vor, dass mindestens zehn Prozent der verwendeten Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft stammen. Außerdem fordern sie, dass Light-Produkte, Geschmacksverstärker, künstliche Farbstoffe und synthetische Konservierungsstoffe vermieden werden. Doch diese Kriterien sind nicht verpflichtend. Ob und wie diese Standards integriert werden, entscheiden die Bezirke. Und auch, ob die Schulen überhaupt Einfluss auf die Auswahl der Caterer haben.

Ein Beispiel: Lichtenberger Grundschulen können sich nur durch eine Blindverkostung an der Entscheidung beteiligen. „Bei diesen Probe-Essen ist die Qualität eine andere als im Alltag“, sagt Manuela Schiller, Elternsprecherin der Grzimek-Grundschule, in der die Unzufriedenheit mit dem Caterer Sodexo groß ist. Das Bezirksamt hat dennoch einen neuen Vertrag mit dem Caterer geschlossen. Besser läuft es für die Schulen in Pankow, wo der Bezirkselternausschuss (BEA) eine AG Schulessen gegründet hat. Dort hatten sich Eltern vor zwei Jahren gegen eine Neuausschreibung gewehrt. Sie verkosteten das Essen an mehreren Standorten und bemerkten große Preisunterschiede bei ähnlicher Qualität. Danach setzten alle Schulen Verkostungsjurys für die Auswahl ein, und mehrere Schulen konnten den Caterer wechseln. Nach Ansicht des BEA Pankow findet die nachhaltigste Qualitätskontrolle direkt an der Schule statt, am besten in Form einer Küchenkommission, die sich aus Lehrern, Schülern, Eltern und Erziehern zusammensetzt und die regelmäßig mit dem Caterer im Gespräch ist.

Lehrer fallen als Kontrollinstanz weitgehend aus. Laut einer Studie der AOK aus dem Jahr 2009 nehmen gerade mal 20 Prozent am Schulmittagessen teil. Einige Caterer versuchen, diese Zahl zu erhöhen – mit dem „pädagogischen Happen“, einer kleinen Essensportion, die Lehrern und Erziehern kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Das ist etwa an der Erika-Mann-Grundschule in Wedding schon so.

Qualität ist das eine, Hygiene das andere Thema. Kitas und Schulen, in denen Essen vor Ort gekocht wird und auch die Großküchen der Caterer erhalten mindestens einmal im Jahr unangemeldeten Besuch vom bezirklichen Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt. Laut Bezirksamt Neukölln gelten für Kita- und Schulessen die üblichen gesetzlichen Anforderungen bei Rückständen aus Arznei- und Reinigungsmitteln sowie Umweltgiften, etwa Dioxinen. „Bei den Kontrollen gibt es heute weniger Beanstandungen als noch vor 20 Jahren“, sagt Damian Nowak, der in Steglitz-Zehlendorf die Lebensmittelaufsicht leitet. Das liege neben einem gestiegenen Hygienebewusstsein auch an der Technik, etwa effektiverer Erhitzung.

Wenn Damian Nowak mit seinen Kollegen eine Küche betritt, schaut er dort nach altem Schmutz auf Besteck, Geschirr, Küchengeräten. Dann sieht er sich das Lager an, überprüft, ob sich im Kühlschrank abgelaufene Ware befindet und studiert den Speiseplan. Von den Mitarbeitern lässt er sich das Reinigungskonzept erklären. Wenn ihm Speisen durch Konsistenz oder Geruch negativ auffallen, lässt er Proben davon im Landeslabor Berlin-Brandenburg analysieren.

Betriebe, in denen schwere Mängel festgestellt werden, müssen mit Geldstrafen, Strafverfahren und sogar der Schließung rechnen. Genaue Zahlen zu betroffenen Schul- und Kitaküchen sind von den Bezirken nicht zu erfahren. Viele Fälle seien es nicht, heißt es nur.

Damian Nowak erwartet von den Caterern, dass sie regelmäßig Essensproben untersuchen lassen. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg empfiehlt allen gewerblichen Küchen, dafür sogenannte Rückstellproben aufzubewahren.

Die bundesweiten Ehec-Verdachtsfälle haben in Berlin bislang übrigens zu keinen zusätzlichen Kontrollen in Kita-Küchen und bei Schul-Caterern geführt. Kitas und Betriebe hatten Salat, rohe Tomaten, Gurken und Sprossen in den vergangen Wochen vom Speiseplan genommen und setzten sicherheitshalber auf gedünstetes Gemüse. Die 180 Gemüseproben, die bis Anfang Juni in Berlin zusätzlich eingesammelt wurden, stammen nach Angaben des Berliner Landeslabors vor allem aus dem Großhandel und von Märkten.

Tipps zum Bilden einer Küchenkommission: www.vernetzungsstelle-berlin.de

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