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Berlin: Ein Guru mit Wirkung auf Frauen

Prozess um Misshandlung einer 30-Jährigen bei einer spirituellen Sitzung

Der Guru und seine weiblichen Jünger. Sie sitzen in zwei Reihen vor den Richtern. Der 40-jährige Ramin H. lächelt die sieben jungen Damen an. Sie sind zwischen 20 und 30 und könnten Schwestern sein: schlank, mittelblond bis braun die Haare, mädchenhafte Züge, ledig. Der Guru ist ihr Vorbild. Gemeinsam mit ihm sollen sie in einer Wohnung ihrer Sekte in der Dänenstraße in Prenzlauer Berg eine junge Frau bei einer spirituellen Sitzung stundenlang mit Schlägen, einem Telefonhörer und einem Gewürzmörser bis zur Bewusstlosigkeit gequält haben.

Die Staatsanwaltschaft nennt die Gruppe, die sich seit gestern vor dem Berliner Landgericht wegen Freiheitsberaubung und gemeinschaftlicher Körperverletzung verantworten muss, „Aum-Sekte“. Weil sich die Gruppe mit insgesamt rund 20 Mitgliedern so bezeichnet haben soll. Doch mit der japanischen Sekte, die spätestens 1995 durch den Anschlag mit dem Nervengift Sarin auf die Tokioter U-Bahn weltweit bekannt wurde, hat die Gruppe um Ramin H. nichts zu tun. Der Guru scheint vor allem junge Frauen in seinen Bann gebracht zu haben, die bei ihrer Selbstfindung für Esoterik zugänglich waren und die ihm hörig wurden.

Auch Diana S. kam zu ihm, als sie Beziehungsprobleme hatte und auf einem „esoterischen Trip“ war. Die 30-Jährige musste erleben, was passieren konnte, wenn ein Mitglied nicht so reagierte wie erwartet. Als es bei einer spirituellen Sitzung am 23. Februar 2003 um die Frage ging, welches Mitglied der Gruppe momentan die meiste Hilfe der anderen benötige, nannte sie sich selbst. Da wurde er wütend. Es kam zu einer „Konfrontation“. Das war offenbar ein Ritual, bei dem die entsprechende Person mit der „eigenen Begrenzung“ konfrontiert wurde. Der Guru, der sich „Lila Shuka“ nennt und im bürgerlichen Leben Pianist ist, habe mit einem Telefonhörer zugeschlagen und mit seinen Händen auf ihrem Kopf getrommelt, sagte die Zeugin.

„Haut der mal eine“, habe der Guru dann befohlen. Die weiblichen Jünger sollen nicht widersprochen haben. Diana S. schilderte den Richtern, wie sie verprügelt wurde, wie ihr büschelweise Haare ausgerissen wurden. Die sieben Damen auf der Anklagebank machten es der Zeugin nicht leicht: Sie starrten die Abtrünnige an, bohrend, geringschätzig. Seit der Misshandlung, bei der sie vier Rippenbrüche und Prellungen am ganzen Körper erlitt, hält Diana S. die Gruppe nicht mehr für „offen, ehrlich, hilfsbereit“.

Kerstin Gehrke

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