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Berlin: Ein heikler Schatz aus Tantes Erbe

So manchen kleinen Schatz fand das Tempelhofer Ehepaar im Haus der verstorbenen Tante. Die Erben räumten Möbel aus, freuten sich über Porzellan und staunten schließlich über zwei Gewehre.

So manchen kleinen Schatz fand das Tempelhofer Ehepaar im Haus der verstorbenen Tante. Die Erben räumten Möbel aus, freuten sich über Porzellan und staunten schließlich über zwei Gewehre. Waffen, die über einen Meter lang, schwer und antik waren. Detlef F. dachte, dass sich die "alten Dinger" ganz gut als Wandzierde machen würden und nahm sie mit. Der Schatz aus Tantchens Erbe aber sorgte vier Jahre später für Ärger mit der Justiz. Gestern mussten sich die Eheleute wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz vor dem Amtsgericht Tiergarten verantworten.

Die Frau zuckte nur mit den Schultern. "Was soll ich dazu sagen, ich interessiere mich nicht für solche Sachen", erklärte die 48-Jährige. Vielleicht wurden die Gewehre auch deshalb im Schlafzimmer hinter einer Tür abgestellt, wo sie ein unbeachtetes Dasein fristeten. Er habe gedacht, die Waffen seien "nicht echt", versicherte Detelf F. vor Gericht. Auch habe er nie versucht, damit zu schießen.

Nur durch einen Zufall war die Geschichte aufgeflogen: Die Steuerfahndung suchte bei dem ehemals selbstständigen Kfz-Mechaniker Papiere. Auch im Schlafzimmer. Gestern nahm nun der Richter eine der Waffen in die Hand. Sehr vorsichtig hob er das Gewehr hoch. "Dass es sich um ein Spielzeug handeln könnte, sieht man ihm nicht an", sagte er. Nach einem Gutachten wurden die Gewehre in Österreich hergestellt. Im 19. Jahrhundert. Beide Waffen seien schussfähig.

Warum hat das Paar die Gewehre nicht ins Museum oder zur Polizei gebracht haben, wollte der Richter wissen. In der Frage steckte auch ein Verdacht: Vielleicht ahnten die Angeklagten, dass man solche Dinge nicht ohne Weiteres besitzen darf. Der Verteidiger griff ein. "Wenn die Eheleute einen Antrag gestellt hätten, wäre ihnen auch ein Waffenschein ausgestellt worden." Das sei bei einem "Erwerb von Todes wegen" eher problemlos. Nur hätten sich seine Mandanten leider nicht informiert.

Auch für den Richter war es ein eher "untypischer Fall" des Vestoßes gegen das Waffengesetz. "Aber ungefährlich sind die Dinge, die antik scheinen, eben nicht." Dennoch war er mit dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft einverstanden, das Verfahren wegen geringer Schuld gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen. Weil die Eheleute auf einem großen Schuldenberg sitzen, zeigte sich der Richter gnädig: Jeweils 300 Euro Geldbuße. Die Gewehre aber bleiben vorerst bei Justitia. Vielleicht kommen sie nun doch ins Museum.

Kerstin Gehrke

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