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Innensenator Frank Henkel besucht den Vater des Ermordeten, Ahmet Bektas.

© dpa

Ein Jahr nach den Schüssen in Berlin-Neukölln: Gedenk-Demo für Burak Bektas am Sonnabend

Am 5. April 2012 wurde der 22-jährige Burak Bektas in Neukölln auf der Straße erschossen, zwei junge Männer wurden schwer verletzt. Der Täter ist bis heute nicht gefasst. Im Internet suchen sie selbst mit.

Für seine Freunde wird Burak Bektas in der Erinnerung nie sterben. „Ich wünschte, dass der Himmel ein Telefon hätte, so könnte ich deine Stimme wieder hören. Ich denke im Schweigen an dich, ich spreche häufig deinen Namen. Alles, was ich habe, sind Erinnerungen und Bilder in einem Rahmen!“

So drückt eine junge Frau auf der Facebook-Seite namens „R.I.P Burak Bektas (5/4/2012)“ im Internet ihre Trauer aus. Vor einem Jahr wurde der junge Berliner erschossen, im Alter von 22 Jahren, in der Nacht vom 4. auf den 5. April, gegenüber dem Vivantes-Klinikum Neukölln. Der Täter: flüchtig. Auch ein Jahr nach der Bluttat gibt es keine heiße Spur. Es tue ihnen unendlich leid, dass sie keine anderen Nachrichten überbringen könnten, sagten sowohl Innensenator Frank Henkel (CDU) als auch Polizeipräsident Klaus Kandt am Mittwoch, als sie Buraks Eltern in Buckow besuchten.

Es waren vertrauliche Gespräche, nur kurz traten Senats- und Behördenvertreter vor die Kameras. Henkel erinnerte zudem an andere Fälle, in denen junge Berliner getötet oder ermordet wurden, wie Jonny K., 20 Jahre jung. Ein anderer lief vor Angst um sein Leben vor ein Auto: Giuseppe Marcone, 23.

In Gedenken an den Ermordeten und zur symbolischen Unterstützung der Ermittler lädt die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ auf ihrer Facebook-Seite zu einer Demonstration am 6. April um 14 Uhr am Friedhof Columbiadamm 128 in Neukölln. „Wir wünschen uns eine Demonstration, bei der das Gedenken an Burak im Mittelpunkt steht, ohne Nationalfahnen und religiöse Symbole jeglicher Art“, teilten die Veranstalter der Demo mit. Zur Initiative gehören Freunde und Verwandte, die Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt Reach Out, der Verein Allmende, die antirassistische Initiative, die Autonome Neuköllner Antifa. Unterstützt wird die Gruppe nach eigener Auskunft durch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR).

Zur Mahnwache am Sonnabend nahe der Sehitlik-Moschee am Friedhof, auf dem Bektas beerdigt wurde, rufen auch der Förderverein Türkiyemspor, das Bündnis gegen Rassismus und der „faq Infoladen“ auf – und fragen sich: „Ist Rassismus wieder das Motiv?“ Bei der Staatsanwaltschaft heißt es, man ermittele weiter in alle Richtungen. Ein fremdenfeindlicher Akt, die Tat eines psychisch Kranken, ein persönliches Motiv wie Eifersucht – nichts werde ausgeschlossen. Die 6. Mordkommission mit rund zehn Mitarbeitern sucht weiter, 15 000 Euro Belohnung stehen aus. Der Kommissionschef hatte laut der Anwältin der Familie sogar seine Privattelefonnummer herausgegeben, um keinen Hinweis zu verpassen – so etwas macht die Polizei sonst nicht.

Was sie weiß: Burak Bektas war in Neukölln groß geworden, er besuchte die Hans-Fallada-Grundschule, er machte eine Ausbildung bei einem Autohaus. Er hatte damals gerade Bilder von Freunden, die von Polizisten festgehalten wurden, ins Internet gestellt.

Am Gründonnerstag 2012 dann kommt er vom Selbstverteidigungstraining in Treptow. Burak und vier Freunde warten um 1.15 Uhr in der Rudower Straße auf den Bus. Der Täter in grün-schwarzer Kapuzenjacke mit Reißverschluss, 40 bis 60 Jahre alt, kommt auf die Gruppe zu, feuert ohne Vorwarnung. So schildert die Polizei den Vorfall nach Zeugenaussagen später. Der 22-jährige Bektas erleidet einen Lungendurchschuss, stirbt im gegenüberliegenden Krankenhaus; die Besatzung eines zufällig vorbeifahrenden Rettungswagens hatte ihn gesehen. Der 16-jährige Alex A. russischer Herkunft und der 17-jährige arabischstämmige Jamal A. werden lebensgefährlich verletzt. Zwei 20- und 21-Jährige bleiben unverletzt. Einer will in Panik auf das dünne Bäumchen auf der Mittelinsel klettern. Der Täter soll in den Möwenweg an der Klinik geflüchtet sein.

An alles soll die Demo erinnern. „Die Vereine und die Familie behaupten nicht, dass es sich bei dem Mord um einen rassistischen Akt handelt. Die Familie teilt auch keinerlei politischen Interessen der Vereine, falls diese vorhanden sind. Wir möchten an diesem Tag an die grausame Tat erinnern, damit der Täter endlich gefasst wird und Burak niemals in Vergessenheit gerät“, teilen die Veranstalter bei Facebook mit. Ein Eintrag, der mit „Euer Freund und Bruder Murat“ unterzeichnet ist, lautet: „Wir als Familie von Burak wollen, dass die Demonstration friedlich und ohne Komplikation vonstatten geht. Dieser Tag soll nur Burak gehören.“

Hinweise nimmt die Polizei unter Telefon 4664 - 911 601 und in jeder Polizeidienststelle entgegen. Die Initiativen: http://burak.blogsport.de/ und www.facebook.com/Burak.unvergessen

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