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Berlin: Ein Jahr nach Genua sind noch alle Verfahren offen

Ein Jahr nach dem G-8-Gipfel in Genua kommt die italienische Justiz mit der Aufklärung nur schleppend voran. „Die Ermittlungen laufen noch“, sagt Rechtsanwalt Volker Ratzmann.

Ein Jahr nach dem G-8-Gipfel in Genua kommt die italienische Justiz mit der Aufklärung nur schleppend voran. „Die Ermittlungen laufen noch“, sagt Rechtsanwalt Volker Ratzmann. Der Grünen-Abgeordnete vertritt zwei von zwölf Berlinern, denen vorgeworfen wird, bei den Ausschreitungen im gewalttätigen „schwarzen Block“ mitgemischt zu haben. Zwei Monate saßen seine Mandanten in italienischer Untersuchungshaft.

Beim Gipfel hatten 300 000 Globalisierungskritiker überwiegend friedlich gegen die Ungerechtigkeiten in der Weltwirtschaft protestiert. Aber am Freitag – dem 20. Juli – geriet die Veranstaltung aus den Fugen. In einer Straßenschlacht schoss ein Beamter auf den Demonstranten Carlo Giuliani, dann wurde der 23-Jährige von einem Geländewagen der Carabinieri überfahren.

Zu einem weiteren Zwischenfall kam es in der Nacht zum Sonntag, als die Polizei mit massiver Gewalt eine Schule räumte, in der sich Demonstranten zum Schlafen versammelt hatten. Dabei wurden mehrere Demonstranten schwer verletzt; ein 21-Jähriger fiel ins Koma. Unter den in der Schule Festgenommenen befanden sich auch etwa 20 Berliner.

Rechtsanwältin Eva Lindenmaier vertritt neun der Berliner, die in der Schule überrascht wurden. Ihnen wird vorgeworfen, Widerstand gegen die Vollstreckungsbeamten geleistet zu haben. Ein Polizist gab an, mit einem Messer angegriffen worden zu sein. Kollegen von ihm berichteten von zwei Molotow-Cocktails, die in der Schule geflogen seien. Nach Angaben der Rechtsanwältin haben Gutachten die Version der Polizisten widerlegt. „Ein Skandal – das wurde den Demonstranten untergejubelt“, sagt Lindenmaier. Deshalb rechne sie Kollegen mit einer baldigen Einstellung der Verfahren. Die italienische Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit ferner gegen rund 100 Polizisten, unter anderem wegen schwerer Körperverletzung im Amt und Freiheitsberaubung. Die Mehrheit von ihnen verweigert noch immer die Aussage. Zur einer Anklage ist es auch in diesen Verfahren bislang nicht gekommen.

Der G-8-Gipfel wird aber nicht nur strafrechtliche Folgen haben. Lindenmaiers Mandanten erwägen ferner, zivilrechtlich Schadensersatz einzuklagen. Derzeit bemühen sich die Anwälte in Italien, von der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht gewährt zu bekommen. „Das erfolgt in der Regel nach Abschluss der Ermittlungen“, sagt Eva Lindenmaier. kf

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