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Berlin: Ein Krankenhaus spart sich gesund

Die Elisabeth-Klinik und Vattenfall wurden für ihr gemeinsames Energiekonzept ausgezeichnet

Mit 150 Betten ist die Evangelische Elisabeth-Klinik in Tiergarten eher klein. Von ihrer Energierechnung konnte man das nicht behaupten: Mehr als 500 000 Euro wurden jährlich für Heizung, Strom und Warmwasser fällig. Doch während sich andere damit abfinden, schloss die Klinik einen Sparvertrag. Ausgerechnet Vattenfall, der Energielieferant, sollte beim Sparen helfen. 15 Prozent Einsparung garantierte der Konzern als Minimum. Jetzt, nach zehn von zwölf Jahren Laufzeit, sind 30 Prozent geschafft: 1000 Euro pro Bett und Jahr – mit simplen Mitteln. Dafür verlieh die Deutsche Energieagentur (dena) die Auszeichnung „Good Practice Energieeffizienz“. Das Gütesiegel soll für einen Aspekt werben, der bei der Energiewende eher kurz kommt: Die beste Energie ist die gesparte. Es lohnt sich offenbar, über Effizienz zu reden statt immer nur über den drohenden Blackout beim Atomausstieg.

Der Energieversorger finanziert die Investitionen, dank derer die Klinik spart. Aber „wir verschenken nichts“, sagt Norbert Springer von Vattenfall. Solange der Vertrag läuft, kassiert Vattenfall den Großteil der gesparten Energiekosten – und holt so das Geld für Solaranlage, neue Heizung und Schulung des Klinikpersonals herein.

Dieses Prinzip der Energiesparpartnerschaft gilt als Berliner Erfindung: 1996 schloss das Land mit der damaligen Bewag für einen Pool von 39 Gebäuden den ersten Vertrag. Inzwischen sind Konzerne wie Siemens, Evonik und Hochtief in das Geschäft eingestiegen. Vattenfall betreibt es auch, um seine Klimaschutzziele einzuhalten. Die Großstadt sei wohl nicht der beste Ort, um Ökostrom zu erzeugen, sagt der Berliner Vattenfall-Chef Rainer Knauber, aber dafür gebe es „20 Millionen Steckdosen“, also riesiges Sparpotenzial bei den Abnehmern. Zum Kalkül gehört, dass die Vertragspartner langfristig bei Vattenfall bleiben. Umworben werden vor allem mittelgroße Unternehmen mit hohen Energierechnungen und ohne eigene Spezialisten.

Die großen Energiefresser ähneln sich überall: überdimensionierte Heizungspumpen, ständig mit Vollgas zirkulierendes Heizwasser ohne hydraulischen Abgleich, schlechte Dämmung. Klinik-Geschäftsführer André Jasper sagt, früher sei es in seinem Haus „fast wie in der öffentlichen Verwaltung“ gewesen: „Die Heizungen standen immer auf 5.“ Jetzt klebt neben jedem Ventil ein Zettel, der Stufe 1 für Flure empfiehlt, Stufe 3 für Wohnräume, 4 fürs Bad – und 5 für gar nichts. Aufkleber an den Fenstern raten zum Stoßlüften statt Dauerkippen. Und eine Anzeigetafel im Hof zählt die laufende Einsparung durch die solare Warmwasserbereitung: 237 379 Kilowattstunden. Patienten wie Mitarbeiter interessierten sich sehr für die Anzeige, sagt Jasper. Auch Vattenfall-Mann Springer bemerkt das Interesse: Ein kaputtes Heizungsventil würden die Klinikleute sofort ersetzen, statt wie anderswo einfach die Fenster aufzureißen. „Wir gehen davon aus, dass die Nutzermotivation rund drei Prozentpunkte bringt.“ Man dürfe nur Motivation nicht mit Gängelung verwechseln: Die Fenstergriffe abzuschrauben, wäre das Schlimmste.

Krankenhauschef Jasper erwägt, den bis 2013 laufenden Vertrag zu verlängern. So käme seine Klinik vielleicht zu einer modernen Küche. Und neue Fenster hätte er auch gern. Stefan Jacobs

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