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Berlin: Ein Mord auf den Straßen Berlins Wie türkische Blätter über den Tod von Hatun Sürücü berichten

Hatun Sürücü wurde am Montag vor einer Woche auf offener Straße erschossen. Die „Bild-Zeitung“ mutmaßte, dass sie „hingerichtet“ wurde, „weil sie frei sein wollte“.

Hatun Sürücü wurde am Montag vor einer Woche auf offener Straße erschossen. Die „Bild-Zeitung“ mutmaßte, dass sie „hingerichtet“ wurde, „weil sie frei sein wollte“. Türkischen Zeitungen war die schreckliche Tat wenig Platz wert. Nur die Hürriyet empörte sich auf Seite 1 ihrer Europa-Beilage. „Mitten in Berlin ist die Menschlichkeit gestorben“, resümierte das Blatt am Mittwoch. Dazu zeigte die Zeitung ein Foto, auf dem die junge Frau modern gekleidet und eng umschlungen mit ihrem fünfjährigen Sohn zu sehen war. „Bekannte und Freunde von Hatun Sürücü erzählen, dass sie im Alter von 16 Jahren mit ihrem Cousin in der Türkei verheiratet wurde. Obwohl sie schwanger war, kehrte sie nach einem Jahr aufgrund von massiven Streitigkeiten nach Berlin zurück“, schrieb die Hürriyet.

Einen Tag später erschien ein weiterer Artikel in der Hürriyet. Darin erzählte Hatuns 54-jährige Mutter, dass die Tochter freiwillig geheiratet und keine Probleme mit ihrem Gatten hatte. Meistens handeln die Zeitungen solche Nachrichten nur in den Ausgaben, die in Europa erscheinen, aber dieses Mal brachte die Hürriyet die Geschichte auch in der Ausgabe in der Türkei. „Sie sollen sie aus dem Haus gelockt und getötet haben“, lautete die Überschrift – wer „sie“ sein sollen, blieb offen. In den Unterzeilen berichtete die Zeitung: „Einer ihrer Brüder soll ein Hisbollah-Anhänger sein, über einen anderen Bruder wird erzählt, dass er im Gefängnis sitzt.“ Zudem erfuhren die Leser, wie deutsche Boulevard-Zeitungen über den Mord berichtet hatten.

Die Türkiye brachte nur eine kleine Meldung: „Türkin auf der Straße ermordet.“ Die Tageszeitung Zaman empörte sich am Mittwoch auf der Titelseite und auf der zweiten Seite darüber, dass die „Deutschen sich an der Mission, Menschen glücklich zu machen, stören.“ Religiöse Türken sind der Ansicht, dass arrangierte Ehen glücklicher verlaufen.

Suzan Gülfirat

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