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Berlin: Ein Notgroschen für Berlin – Länder sind skeptisch

Nur Regierung und Opposition in der Hauptstadt loben den Vorschlag Günther Oettingers

Der Vorschlag des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU), der hoch verschuldeten Hauptstadt mit einem „Notgroschen“ zu helfen, stieß bei Regierung und Opposition in Berlin auf große Freude. Die Finanzminister anderer Länder reagierten dagegen zurückhaltend bis ablehnend. Oettingers Idee: Für jeden Euro Schulden, den Berlin selbst tilgt, legen Bund und übrige Länder einen Euro drauf.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) fand diesen Vorschlag „grundsätzlich begrüßenswert“. Dieser Vorstoß sei besonders positiv zu bewerten, weil er aus dem Mund des Vorsitzenden der neuen Föderalismuskommission komme. Die von Oettinger geforderte Bedingung, erst einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, könne Berlin 2009, vielleicht schon 2008 erfüllen, sagte Sarrazin. Ob die Idee bundesweit mehrheitsfähig sei, müsse sich zeigen. Auch der PDS-Haushaltsexperte Carl Wechselberg sprach von einem „interessanten Vorschlag“.

Aber Sachsen lehnte brüsk ab. Ein solcher Notgroschen laufe darauf hinaus, „die Folgen einer falschen Schuldenpolitik zu vergesellschaften“, sagte eine Sprecher des Finanzministeriums. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Helmut Linssen (CDU) erklärte: „Jedes Land muss erstmal seine eigenen Finanzen ordnen.“ Und der Finanzminister von Schleswig-Holstein, Rainer Wiegard (CDU), nahm Oettingers Vorstoß offenbar nicht so ernst: „Wir möchten dann gern anderthalb Euro vom Bund haben.“

Skeptisch äußerte sich der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD). Es mache wenig Sinn, über einzelne Ideen zu sprechen. „Wir brauchen ein Konzept zur Entschuldung aller öffentlichen Haushalte. Das liegt nicht mal in Ansätzen vor.“ Nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts könne die Problematik der übermäßigen Verschuldung einzelner Länder gelöst werden. Bremen erinnerte an die eigenen Schulden. „Es gibt mehrere Länder, die klamm sind“, sagte Hermann Pape, Sprecher des Senators für Finanzen. Der kleine Stadtstaat könne keinen Notgroschen nach Berlin geben. „Es muss ein Konzept her, dass alle Länder mit einer Haushaltsnotlage berücksichtigt.“

Auch der Fraktionschef der Berliner Grünen, Volker Ratzmann, der in der Föderalismuskommission sitzt, forderte gestern eine Gesamtstrategie zur Entschuldung von Bund und Ländern. Trotzdem lobte er Oettingers Initiative als „gangbaren Weg“. Die Sensibilität in Deutschland, sich der Probleme Berlins anzunehmen, sei erkennbar gewachsen.

Der CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger schrieb dem Parteifreund Oettinger einen Brief und lobte die „positive Berlin-Haltung des Chefs eines großen Geberlandes“. Es sei bedauerlich, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit auf Oettingers Vorschläge nicht reagiere und keine eigene Strategie erkennen lasse, so Pflüger. Der Senat müsse in der bundesweiten Diskussion über ein Entschuldungskonzept Allianzen bilden. Die CDU sei bereit, dabei zu helfen.

Auch der FDP-Fraktionschef Martin Lindner forderte Wowereit auf, jetzt aktiv zu werden und gemeinsam mit willigen Ländern eine Arbeitsgruppe zu bilden. „Wenn Wowereit eine mit Rosenwasser parfümierte Einladung dafür braucht, um den Hintern hochzukriegen, tun wir dies gern“, sagte Lindner dem Tagesspiegel. Es sei eine Schutzbehauptung, zu sagen, für diese Gespräche sei allein die Föderalismuskommission da.

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