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Berlin: Ein Optiker, der singt und moderiert - Thoralf Terl will mehr Kultur nach Marzahn bringen

Eine Einkaufspassage als Konzerthalle? Vor zwei Jahren konnte sich das kaum jemand vorstellen - bis auf Thoralf Terl.

Eine Einkaufspassage als Konzerthalle? Vor zwei Jahren konnte sich das kaum jemand vorstellen - bis auf Thoralf Terl. Der Optiker aus der Springpfuhlpassage wollte das kleine Einkaufszentrum nahe dem Helene-Weigel-Platz mit musikalischen Angeboten bereichern, weil sich Kunden bei ihm immer wieder beklagt hatten, dass es zu wenig Kulturangebote im Viertel gebe. Der 33-Jährige organisierte daraufhin sein erstes Konzert, ließ bunte Flyer drucken, schaffte 250 Stühle heran, bestellte die Bühnenarbeiter und hoffte auf großen Zulauf. Das Chorkonzert wurde ein voller Erfolg: Die Plätze waren restlos besetzt. In den großen Applaus mischte sich der Wunsch der Zuschauer nach weiteren Veranstaltungen in der Springpfuhlpassage. Terl war glücklich, weil sich die Skeptiker geirrt hatten.

Inzwischen gab es ein zweites Konzert, bei dem der Optiker auch selbst erstmalig vor Publikum auftrat. Sein Gesangslehrer hatte ihn dazu ermutigt. Und eine dritte Veranstaltung ist seit langem in Vorbereitung - das bislang größte Projekt des in Pankow lebenden Unternehmers. So soll es am 16. September ein Openair-Konzert auf dem Helene-Weigel-Platz geben, bei dem das H.M.H.-Orchester spielt. Dem vom Senat und dem Arbeitsamt geförderten Ensemble gehören ausschließlich arbeitslose Musiker an, die früher zu namhaften Ensembles gehörten. Der rührige Geschäftsmann will 1000 Menschen mobilisieren und ihnen einen bleibenden Kulturgenuss bieten.

Noch organisiert Terl seine Veranstaltungen ganz allein, spricht mit Künstlern, lädt Politiker ein und kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit. "Zum Glück halten mir meine Frau und meine vier Mitarbeiter in den beiden Geschäften oft den Rücken frei", sagt der jugendlich wirkende Berliner. Sonst würde er das niemals schaffen. Doch er hofft, dass sich die Arbeit bald auf mehrere Schultern verteilt. Schließlich hat sich die Mehrzahl der Gewerbetreibenden in der Passage zum Springpfuhl e.V. zusammengeschlossen. "Wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass unser Areal in ganz Berlin ein Begriff wird", sagt der Vereinsvorsitzende an. Das Schönste für ihn wäre, wenn sich die Anwohner damit identifizieren könnten und man andernorts merkt: Der Bezirk besteht nicht nur aus langweiligen Plattenbauten, sondern ist die Heimat engagierter Menschen, die etwas bewegen wollen.

Terl geht mit gutem Beispiel voran und versucht, sich in die Politik einzumischen und auch seine Umgebung dafür zu gewinnen. Unter dem Titel "Talk bei Terl" finden deshalb regelmäßig von ihm moderierte Gesprächsrunden vor seinem Laden in statt. Dort trafen sich schon Bezirkspolitiker und stritten über die Zukunft des Helene-Weigel-Platzes oder die bevorstehende Fusion mit Hellersdorf. An der Reaktion des Publikums und seiner Nachbarn aus der Passage merkte er, dass es sich sein Einsatz auszahlt. So arbeite man jetzt mehr miteinander und fühle sich insgesamt verantwortlich, sagt Terl. Es gebe natürlich auch einige, die ihm vorwerfen, er engagiere sich nur wegen seines Geschäftes. Doch Terl betont mit Nachdruck, es gehe ihm nicht um seine Person. "Ich möchte lediglich zur Belebung dieses Standortes beitragen." Kraft schöpft der Fachmann während seiner wöchentlichen Gesangsstunden. "Dabei bekomme ich meinen Kopf frei für neue Ideen", erzählt er.

Steffi Bey

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