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Berlin: Ein Paradies für Luise Schloss Paretz lockt mit einer königlichen Modenschau.

Vor nicht mal zehn Jahren war es kaum noch zu erkennen gewesen

Paretz - Fontane hatte recht. Die Eindrücke von dem kleinen Dorf Paretz bei Potsdam, die er vor mehr als 130 Jahren zu Papier brachte, können Besucher auch heute bestätigen: „Von Uetz nach Paretz ist noch eine gute halbe Meile. An einem Sommernachmittag ein entzückender Spaziergang. Der Weg führt durch Wiesen rechts und links; der Heuduft dringt von den Feldern herüber, und vor uns ein dünner, sonnendurchleuchteter Nebel zeigt die Stelle, wo die breite, buchten- und seenreiche Havel fließt. Paretz selbst verbirgt sich bis zuletzt“, formulierte der durch die Mark wandernde Dichter. Das Schloss, in dem seit Freitag eine Ausstellung mit den Kleidern Königin Luises, seiner berühmtesten Bewohnerin, zu sehen ist, entspricht ebenfalls Fontanes Beschreibung: „… ein langgestreckter, schmuckloser Parterrebau mit aufgesetztem niedrigen Stock, rechts eine Gruppe alter Eichen und ihnen zur Seite die gotische Kirche des Dorfs.“

Die meisten heutigen Besucher dürften kaum wissen, dass sie durch ein kleines Wunder spazieren. Vor nicht mal zehn Jahren waren Schloss, Park und Schlosshof kaum noch zu erkennen. „Die Neugierigen fragten die Einheimischen nach dem Schloss und standen doch direkt davor“, erzählt Kastellan Matthias Marr. Ihm war es bei seinem ersten Abstecher nach Paretz Anfang der achtziger Jahre nicht viel anders ergangen. „Das erst nach längerem Suchen als Schloss ausgemachte Gebäude glich eher einer Kaserne.“

Es schien kaum glaubhaft, dass Königin Luise ausgerechnet in diesem abgelegenen Dörfchen die glücklichsten Tage ihres Lebens verbracht haben soll. Nur wenig erinnerte noch an das Kronprinzenpaar, Paretz hatte sein historisches Erbe nach Kriegsende fast vollständig verloren. Im Schloss quartierte sich die russische Kommandantur ein, bevor sie das weitgehend geplünderte Gebäude Flüchtlingsfamilien aus dem Osten überließ. Damit durchlief das Anwesen das gleiche Schicksal wie die meisten der 500 Schlösser und Herrenhäuser in Brandenburg – und verlor ab 1948 auch äußerlich sein Gesicht. Eine Bauernschule, die danach zur Bauernhochschule und ab 1965 zum Verwaltungssitz einer großen Tierzuchtvereinigung wurde, stellte „den alten Grundriss des Schlosses völlig auf den Kopf“, wie Marr herausfand. Hässliche Bürobauten und ein Speisesaal verschandelten das von David Gilly ab 1797 umgebaute Herrenhaus. Ausgerechnet eine alte Eibe verhinderte auf der Ostseite den direkten Anbau eines Verwaltungstrakts. Ein Glasgang hielt daher den Neubau etwas auf Abstand. Er ist inzwischen ebenso verschwunden wie zahlreiche andere Anbauten. „Hier begann vor 13 Jahren eine wundersame Metamorphose“, sagt der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Professor Hartmut Dorgerloh. „Die Übernahme des Schlosses ins Eigentum des Landes Brandenburg 1997, die anschließende Restaurierung und die Eröffnung des Schlossmuseums im September 2001 gaben dem ganzen Ort einen Schub.“

Heute empfiehlt sich Paretz sehr für einen längeren Ausflug in eine romantische Vergangenheit, ähnlich wie der ebenfalls wiederauferstandene Ort Ribbeck im Havelland. Genau wie dort bummeln Spaziergänger zur nahe gelegenen Kirche, die mit Fug und Recht als Schmuckstück bezeichnet werden kann. Verehrer von Königin Luise drängeln sich in den schmalen Seitengang, in der Königsloge hängt seit 1820 das von Schadow gefertigte Tonrelief mit dem Bildnis der Herrscherin. Nicht weit davon liegt der historische Friedhof.

Zur Stärkung bieten sich die Gaststätte „Gotisches Haus“ und der Storchenhof an. Vom Freiluftcafé ist es nur ein Katzensprung zur Havel. In der anderen Richtung liegt die märchenhaft erscheinende Rosenvilla, die sonntags zwischen 14 und 18 Uhr zur Einkehr und manchmal auch zu Programmen einlädt.

Auch nach der königlichen Modenschau dürfte Paretz, dessen Schloss schon 200 000 Besucher anlockte, viele Neugierige anziehen. Schon der zum Luise-Jubiläum frisch restaurierte Staatswagen, mit dem die damalige Kronprinzessin 1793 zur Hochzeit durch Berlin gefahren war, lohnt den Besuch. Als Bestandteil des königlichen Brautinventars kann er erstmals seit 1945 wieder gezeigt werden und bleibt wohl dauerhaft in dem kleinen Dorf.

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