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Berlin: Ein Piratenschiff als Spülmaschine

Am Hauptbahnhof wird jetzt die letzte Baugrube ausgehoben – von einem Bagger, der auf dem Grundwasser schwimmt

Beim künftigen Hauptbahnhof-Lehrter Bahnhof, dem Bauwerk der großen Zahlen, ist jetzt Millimeterarbeit gefragt. Wenn neben der Brückenkonstruktion mit den gläsernen Dachteilen die letzte Baugrube für den unterirdischen Teil des Bahnhofes ausgehoben wird, darf sich die filigrane Brückenkonstruktion nur maximal fünf Millimeter nach oben oder unten bewegen. Und das bei einem 20 Meter tiefen Loch daneben, das größer als ein Fußballfeld ist.

Nur Schritt für Schritt kann der größte Turmbahnhof Europas, der mit Baukosten von rund 500 Millionen Euro am Ende wohl auch der teuerste sein wird, errichtet werden. Insgesamt neun Baugruben sind erforderlich, um die unterirdische Halle mit einer Länge von 430 Metern und Platz für vier Bahnsteige mit acht Gleisen zu bauen. Daneben entstehen auf der Ostseite der Rohbau für die einst geplante U-Bahn-Linie U 5, der trotz Baustopp für die U-Bahn jetzt mitgebaut werden muss, und auf der Westseite ein Parkhaus sowie der Tunnel für die Bundesstraße B 96.

Die letzte dieser Gruben hat es noch einmal in sich. Doch Projektleiter Hany Azer hat inzwischen auch Erfahrung. So ist er zuversichtlich, den von Bahnchef Hartmut Mehdorn vorgegebenen Termin halten zu können. Danach sollen die ersten Züge zur Fußballweltmeisterschaft im Sommer 2006 im Bahnhof halten können. Ein „Pirat“ übernimmt jetzt die Hauptaufgabe. So heißt der Schwimmbagger, der 175 000 Kubikmeter Sand aus der Grube absaugen wird. Der Sand wird über Rohre zu einem Lagerplatz gespült und später beim Verfüllen der Baugruben wieder verwendet. Beim Transport mit Lastwagen würde eine Kolonne von 175 Kilometern entstehen, hat Azer ausgerechnet. Das Spülwasser wird wieder in die Grube zurückgepumpt, damit diese stabil bleibt.

So entsteht zunächst noch einmal ein Riesensee. Das Grundwasser wird nämlich nicht abgepumpt, sondern bleibt in der Grube, bis die Sohle der unterirdischen Halle betoniert sein wird – von Tauchern unter Wasser. Anker, die 24 Meter in die Erde ragen, werden diese Platte dann halten, wenn das Grundwasser voraussichtlich im nächsten Frühjahr abgepumpt wird. Auf diese Weise sind auch die meisten anderen Gruben ausgehoben worden. Passieren darf dabei nichts. Würde später Wasser eindringen, müssten die bereits fertigen Tunnel bis zum Potsdamer Platz geflutet werden. Doch daran will Azer erst gar nicht denken.

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