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Zurück in Friedrichshain. Brando hat früher in einer WG nahe dem Boxhagener Platz gewohnt – was ihn geprägt hat.

© Thilo Rückeis

Ein Treffen mit dem Musiker Brando: Der Sound von Friedrichshain

Eigentlich wollte Brando nur wieder mehr Zeit mit den Kumpels verbringen - herausgekommen ist ein ganzes Album, Soundtrack des Erwachsenwerdens in Berlin.

„Verrückt, jetzt wieder hier zu sein.“ Hier, das ist die Boxhagener, Ecke Gabriel-Max-Straße in Friedrichshain, Treffpunkt mit Brando, Musiker und Wortjongleur, und der Ort, an dem alles begann. Alles, das heißt in Brandos Fall: Musik, und jetzt, nach fast zehn Jahren, ein ganzes Album. „Nur der Anfang“, Soundtrack vom Jungsein und Erwachsenwerden in Berlin, und, wollte man es in eine Schublade stecken, würde man es als „poetischen Hiphop“ einsortieren.

Brando, groß gewachsen, schwarze Mütze auf den braunen Haaren, Fünftagebart, stellt sich mit „Marlon“ vor. Hä, Marlon Brando? „Brando ist nur mein Spitzname“, klärt er auf. Die typische Reaktion, wenn er sich mit dem Vornamen vorstellt, sei: „Marlon? Wie Marlon Brando?“ Irgendwann haben ihn dann auch „die Jungs“ so genannt.

Womit wir schon beim nächsten Thema wären. Denn ohne „die Jungs“, die WG in der Boxhagener, Ecke Gabriel-Max-Straße, wäre das Album nie entstanden. Beim Spaziergang durch seinen alten Kiez in Friedrichshain erzählt Brando – bleiben wir einfach beim Spitz- und Künstlernamen – von gemeinsamen Sonntagen auf dem Trödelmarkt am Boxi und im Stammcafé mit den Kumpels. Das Café in der Simon-Dach-Straße gibt es nicht mehr, die WG auch nicht, seine Freunde sind, wie er selbst vor fünf Jahren, nach Mitte gezogen, andere nach Kreuzberg und Neukölln oder weg aus Berlin.

Die Idee zum Album entstand im Freundeskreis

Die Studienzeit war vorbei, jeder machte sein Ding, die Clique drohte sich aus den Augen zu verlieren. „Vor drei Jahren haben wir dann beschlossen, zusammen ein Projekt zu machen, bei dem wir uns wieder öfter sehen“, sagt Brando beim Cappuccino im Café ein paar Meter neben seinem alten Stammladen. Das gemeinsame Projekt war die Musik. Er selbst betreibt einen kleinen Musikverlag, geschrieben hat er immer schon, Songtexte für Kunden, Gedichte für die eigene Schublade, „und klar, auch mal Liebesgedichte für ein Mädchen“, sagt er und die Lachfalten um die Augen werden noch ein bisschen tiefer.

„Ich erzähl einfach mal, okay?“, sagt er, dabei ist er schon mittendrin. Aus einem seiner Texte, so der Plan, wollten sie einen Song machen, mit allem Drum und Dran, Studioaufnahmen, Musikvideo. Einer seiner Kumpels arbeitete in einem Tonstudio, ein anderer in einer Agentur für Videoproduktion. So entstand aus einem seiner Texte das Lied „Berlin an der Spree“, eine Liebeserklärung an die Stadt mit all ihrer Widersprüchlichkeit: Warst Bar 25, Romantik an der Spree / Karaokechor im Mauerpark, Vergnügungskomitee / Du bist Ost und West, Drum’n’Base und Ingwertee / Du bist der Hertha-Kahn, der Fernsehturm dein Flaggenmast / Hattest schon die Welt zu Gast bei dir im Admiralspalast / Bist die Weltstadt der Kultur und Sinfonie von Großstadt / Deine Partitur so legendär wie Mozart.

Soundtrack von Freundschaft, Liebe, Party - und natürlich Berlin

Brando, in Berlin geboren und am Bodensee aufgewachsen, kam mit Anfang zwanzig zum Medienwissenschaftsstudium zurück. Anderswo zu leben kann sich der Dreißigjährige inzwischen nicht mehr so richtig vorstellen. Wie sehr ihn die Stadt geprägt hat, wird beim Hören des Albums klar. „Gabriel-Max-Straße“ ist eine Ode an die Zeit in der WG, in dem sich wohl alle wiederfinden, die mit Anfang zwanzig auf der Suche nach was auch immer nach Berlin kamen, und Freundschaft, Party, und auch Drogen und Sex fanden.

Aber auch Melancholisches wie das „Schwanenlied“ über das Ende einer Liebe oder „Stella“ sind auf der Platte. „Stella“ erzählt die Geschichte eines jungen Menschen, der zwischen Instagram- Fame und Berghain-Dauerparty erst einen Höhenflug erlebt und dann auf den Drogen hängen bleibt und abstürzt. Die Reaktion sei oft: „Krass, wie meine Mitbewohnerin“ oder „So jemanden kenne ich auch“, sagt Brando.

Alle Songs sind ausschließlich mit Freunden und Freunden von Freunden entstanden, von den weiblichen Gesangsparts über die Streicher bis zu den Protagonisten des Videos. Insgesamt waren etwa dreißig Leute beteiligt, der harte Kern bestand aus fünf Freunden – den richtigen, wie das professionelle Resultat zeigt.

"Eigentlich bin ich keine Rampensau"

Dabei war das mit dem Album gar nicht geplant. „Wir fanden es schade, nach dem einen Song aufzuhören und haben einfach weitergemacht.“ Brando selbst spielt kein Instrument, dabei sind seine Eltern beide Musiker. Er interessiert sich eher für das Dahinter, deshalb hat er seinen Verlag „Miau Musik“ gegründet, in dem auch das Album erscheint. Er kümmert sich selbst um den Vertrieb, die Anmeldung in den Shops und bei der Gema. „Der kreative Spaßteil ist vorbei, jetzt mache ich Bürokratie.“

Auftritte sind vorerst nicht geplant, aber es gibt schon Anfragen. „Eigentlich bin ich keine Rampensau“, sagt Brando. Auf einer Bühne hat er noch nie gestanden, dabei hätte er mit seinen Texten auf Poetry Slams gute Chancen. Man könnte meinen, dass jetzt mit Veröffentlichung der Platte ein Lebensabschnitt abgeschlossen ist. Aber der Song „Nur der Anfang“, der die Entstehungsgeschichte des Albums erzählt und die vergangenen Jahre Revue passieren lässt, ist ein fast trotziges Statement: Das ist kein Finale, kein Abschluss und kein Abspann / Denn das war nur der Anfang. „Klar träume ich von einer zweiten Platte.“ Neue Texte liegen längst in der Schublade.

Die Single „Berlin an der Spree“ erscheint Anfang März, das Album „Nur der Anfang“ am 1. April, www.brando.audio

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