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Moses Mendelssohn, in einem Kupferstich von Johann Gotthard Müller (1786), nach einem Porträt von Johann Christoph Frisch (1783).

© Privat

Ein Veranstaltungspaket für den "Juden von Berlin": Das Leben des Moses M.

Preisverleihung, Platzeinweihung, Podiumsdebatte und Musik rund um Mendelssohns 285. Geburtstag.

Alle jüdischen Geschäfte blieben geschlossen. Mitglieder des Königshauses und der junge Alexander von Humboldt verstärkten den Trauerzug, mit dem 1786 Moses Mendelssohn, international berühmt als „der Jude von Berlin“, zu Grabe geleitet wurde: Solche Anerkennung hätte dem Sohn eines armen Synagogenschreibers, der 56 Jahre zuvor in Dessau zur Welt gekommen war, niemand voraussagen mögen. Nun bekommt er, der für seinen Dramatiker-Freund Lessing das Modell des aufgeklärten Toleranz-Vorbilds Nathan, der Weise, abgegeben hatte, im Umfeld seines 285. Geburtstages (6. September 1729) ein Paket von sechs Veranstaltungen. Passenderweise lädt an diesem 6. September der Verein „Treffpunkt Religion und Gesellschaft“ zu einem Podium mit Publikumsbeteiligung in die Sehitlik Moschee am Columbiadamm (21 Uhr). Unter dem Motto „Was ich dich immer schon mal über deinen Glauben fragen wollte“ diskutieren dort während der Langen Nacht der Religionen der evangelische Landespfarrer für interreligiösen Dialog, Andreas Goetze, die Rabbinerin Gesa Ederberg, sowie Pinar Cetin aus dem Vorstand des DITIB-Landesverbandes und der katholische Bischofsvikar für Ökumene, Matthias Fenski (siehe auch Seite 19).

Zu „Mendelssohn-Orten in Berlin“, den „Wohn-, Wirkungs- und Grabstätten“ des Moses M. und seiner Nachkommen, führt am 7. September eine ganztägige Busexkursion (10 bis 18 Uhr), die im Rahmen der 28. Jüdischen Kulturtage durch den Evangelischen Friedhofsverband Berlin Stadtmitte und die Mendelssohn-Gesellschaft angeboten wird: beginnend am Jüdischen Friedhof Große Hamburger Straße, über Entstehungsorte der Agfa in Rummelsburg, die Bankiers-Meile in der Jägerstraße, Villen-Relikte im Grunewald und Charlottenburg bis zu den Friedhöfen vor dem Halleschen Tor (reservierung@mendelssohn-remise.de; Telefon 817 047 26). Dort endet die Tour mit dem Lesungs-Konzert „Fugen, Lieder, Liebesbriefe“ in einem Zelt an der Ausstellungskapelle des Dreifaltigkeitsfriedhofs I, unter Beteiligung des Furiant Quartets und des MendelssohnKammerChors Berlin, der romantische Chorsätze sowie barocke Vertonungen aus Mendelssohns Psalmenübersetzung erklingen lässt (16.30 Uhr).

Mehr als zwei Jahrhunderte lang hatten sich Berlin und Preußen schwer getan mit einer öffentlichen Ehrung des Philosophen, der ihrer deutsch-jüdischen Geschichte wesentliche Impulse gab. Seine geplante Verewigung in einem Gelehrten-Denkmal vor der Königlichen Oper scheiterte 1786 am Spendenaufkommen der Bürger; seine Abbildung auf dem Denkmal des Alten Fritz Unter den Linden am Veto Friedrich Wilhelms IV. Im Vorjahr konnte sich die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg nicht dazu durchringen, den Platz vor der neuen Akademie des Jüdischen Museums Berlin (JMB) nach dem Emanzipationspionier der deutschen Juden zu benennen. Stattdessen wurde als Kompromiss die Würdigung des Ehepaares, mit dem die Geschichte der Familie Mendelssohn begonnen hat, beschlossen. Am 11. September findet deshalb zur Benennung des „Fromet-und-Moses-Mendelssohn-Platzes“ vor der Akademie an der Lindenstraße eine Feier der Jüdischen Kulturtage, des JMB und des Bezirksamtes statt. Musik der Geschwister Fanny Hensel und Felix Mendelssohn Bartholdy begleitet eine Lesung aus dem neu erschienen Katalog-Band „Moses Mendelssohn. Freunde, Feinde & Familie“ (17 Uhr).

Bereits 1979 war durch das Land Berlin erstmals der „Moses-Mendelssohn-Preis zur Förderung der Toleranz gegenüber Andersdenkenden und zwischen den Völkern und Religionen“ ausgelobt worden. 2014 geht diese Auszeichnung an den in dieser Stadt praktizierenden Diplom-Psychologen Ahmad Mansour. Die Laudatio für den arabischen Israeli hält am 15. September im Großen Saal des Roten Rathauses Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff. Ebenfalls zum Geburtstagpaket für den „Weltweisen“ Moses, wie ihn Zeitgenossen bezeichneten, gehört die Verleihung der mittlerweile zehnten Franz-von-Mendelssohn-Medaille, am 23. September in der Mendelssohn-Remise beim Gendarmenmarkt. Der Patron dieses Preises, der getaufte Wirtschaftsführer Franz von Mendelssohn (1865 – 1935), hatte in einer Epoche des erstarkenden Antisemitismus das Vermächtnis seines jüdischen Vorfahren zur eigenen Herzenssache gemacht, sich persönlich als Wohltäter für kulturelle und soziale Projekte eingesetzt. Mit der nach ihm benannten Medaille wollen IHK und Handwerkskammer, unterstützt durch den Medienpartner Tagesspiegel, das gesellschaftliche Engagement Berliner Firmen prämieren und der Öffentlichkeit präsentieren.

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