zum Hauptinhalt

Berlin: Ein Wall gegen das Vergessen

Unternehmer sponsert Gedenk-Installation am Checkpoint Charlie. Kulturverwaltung weist Kritik an Internetdarstellung zurück

Viele Jahre wurde diskutiert und gestritten. Jetzt steht fest, wie Berlin künftig an seinem bekanntesten ehemaligen Grenzübergang zwischen Ost und West an die deutsche Teilung erinnern will. Am Checkpoint Charlie sollen knapp drei Meter hohe Stellwände, Plakatträger und Computer-Terminals über die Geschichte der Mauer informieren. Das sieht das kürzlich fertig gestellte Konzept aus der Kulturverwaltung vor. Als privaten Sponsor hat Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei/PDS) den Unternehmer Hans Wall gewonnen. „Wir werden das Projekt unterstützen“, sagte Walls Sprecherin Beate Stoffers dem Tagesspiegel. Das Unternehmen werde unter anderem Plakatträger und Infoterminals aus eigener Produktion zur Verfügung stellen. Darauf sollen Fotos zur Geschichte des Ortes zu sehen sein, unter anderem eines von 1961, auf dem sich amerikanische und russische Panzer gegenüberstehen.

Mit der jetzt getroffenen Einigung endet ein jahrelanger Streit um die Deutungshoheit an jenem Ort. 2004 hatte hier die Chefin des privaten Mauermuseums, Alexandra Hildebrandt, Holzkreuze in Erinnerung an die Maueropfer aufstellen lassen. Die temporäre Installation wurde vor knapp einem Jahr beendet. Die Flächen links und rechts des einstigen Grenzübergangs liegen seitdem wieder brach, eine Bank sucht seit Jahren einen Investor. Deshalb ist auch die jetzt geplante Gestaltung nur als vorübergehende Lösung gedacht.

Der nebenstehend abgebildete Entwurf des Berliner Gestaltungsbüros Iondesign zeigt, was den Ort künftig prägen soll: Als Blickfang dienen historische Fotos auf beleuchteten Plakathaltern. Stelltafeln am Rande der Brachflächen informieren mit Bildern, Zeitachsen und Texten über die Mauer sowie die an diesem Ort besonders bedeutsame Ost-West-Konfrontation. Multimedia-Terminals bieten weitere Informationen und einen Zugang zum Mauer-Internetportal. In 58 Tagen soll das Projekt spätestens umgesetzt worden sein: Dann beginnt die Fußball-WM, die viele Gäste in die Stadt bringt.

Die neue Gestaltung des Checkpoint Charlie ist Teil des Gesamtkonzeptes, mit dem der Senat an Mauer und deutsch- deutsche Teilung erinnern will. Nach jahrelanger Untätigkeit früherer Landesregierungen hat Kultursenator Flierl gemeinsam mit Historikern, Vertretern von Gedenkstätten und anderen Fachleuten die Berliner Gedenkorte in einer Gesamtdarstellung zusammengeführt. An fünf zentralen Orten soll das Thema Mauer mit unterschiedlichen Schwerpunkten beschrieben werden. Alle noch vorhandenen Reste von Mauer und Grenzregime sollen besser präsentiert und durch Erklärungen miteinander verbunden werden.

Zum Konzept gehört auch eine neue Internetpräsentation unter der Adresse www.berlin.de/mauer. Die war gestern im Tagesspiegel vom Direktor der Stasi- Opfer-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, kritisiert worden. Er hätte sich unter anderem mehr Informationen über menschliche Schicksale gewünscht. Der Sprecher der Kulturverwaltung, Torsten Wöhlert, wies die Kritik als unsachlich und falsch zurück. Knabe habe sich mit dem Mauerportal „nur oberflächlich beschäftigt oder dieses nicht verstanden“. Das Gedenken an die Opfer sei „zentral und präsent“. Die Rubrik „Zahlen und Fakten“ mit Angaben zum Grenzregime und zu den Mauertoten habe Knabe ebenso übersehen wie die Thematisierung der Gedenkstätten. Das Portal verweise auf jene Orte, die mit Ursachen und Folgen des DDR-Grenzregimes zu tun haben und explizit den Opfern gewidmet sind. Das Internetportal folge damit als Teil des Gesamtkonzeptes Berliner Mauer einer Logik, die auf das zielt, was Knabe als angebliches Defizit beklage: „Die Darstellung der Berliner Mauer als Grenzregime eines Staates, der Bürger- und Freiheitsrechte mit Füßen getreten hat, und ihre Verortung im Kontext von deutscher und europäischer Teilung.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false