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Ein Zaubertrank namens Klaus: Wowereits Ehrgeiz motiviert seine Genossen

Die Sozialdemokraten fühlen sich wie neu geboren – und die Grünen winken müde ab. So ungefähr erscheint die Stimmung, nachdem der Landesvorstand der SPD am Sonnabend die Eckpunkte fürs Wahlprogramm 2011 vereinbart hat.

Die SPD stellt wie berichtet die Schaffung solider Arbeitsplätze und den sozialen Zusammenhalt der Stadt ins Zentrum. Auf dieser Basis will sie ihren Führungsanspruch für den nächsten Senat retten und das von Klaus Wowereit ausgegebene Wahlziel „30 plus“ erreichen.

Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann traut „Wowereit und Konsorten“ allerdings keine Aufbruchstimmung mehr zu. „Warum sollte der SPD in der nächsten Legislatur mit der gleichen Inhaltsleere gelingen, was ihr schon in der letzten nicht gelungen ist“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Und für Grünen-Landeschefin Irma Franke-Dressler ist der Gedanke an eine mögliche rot-grüne Koalition ab 2011 noch so weit weg, dass sie selbst das Bekenntnis zum Weiterbau der Stadtautobahn nicht bedauern mag. Obwohl genau dieses Bekenntnis ein absehbares Großproblem für die gemeinsame Regierungsbildung schafft. Ob die Grünen dem Ja der SPD ein ebenso klares Nein zur A 100 entgegensetzen werden, hänge „vom Duktus“ des noch zu schreibenden Wahlprogramms ab, sagte sie dem Tagesspiegel. Der Auftakt der SPD beeinflusse den eigenen Zeitplan in keiner Weise.

Die von der Bundestagswahl gebeutelten Sozialdemokraten dagegen sprechen zufrieden bis euphorisch über ihre Klausur. Vor allem Klaus Wowereit hat den Genossen gefallen: hellwach, an allen Themen interessiert und sehr geduldig sei er gewesen, berichten mehrere Teilnehmer. Die Energie des Chefs habe auch die anderen erfasst. „Nach meinem Eindruck läuft er sich gerade warm“, sagt der Spandauer Kreischef Raed Saleh, ein Parteilinker. „Klaus Wowereit ist super motiviert“, bestätigt der Reinickendorfer Kreisvorsitzende Jörg Stroedter und erklärt das damit, „dass Renate Künast eine andere Aufgabe ist als Frank Henkel“. Die CDU mit ihrem voraussichtlichen Spitzenmann werde wegen des Wowereit-Künast-Duells „unter den Tisch fallen“, prophezeit der Wirtschaftsmann Stroedter.

Allerdings sind auch innerhalb der SPD Kollateralschäden nicht auszuschließen. Während Leute wie Stroedter etwa das Thema Autobahn „herausstellen möchten“, wiegelt einer der zahlreichen Kritiker ab: „Die A 100 ist nur einer von ganz vielen Punkten im Wahlprogramm.“ Nur eben einer, der viele Leute bewegt.

Saleh sieht zwei Vorteile für die SPD im Wettlauf mit den Grünen. Zum einen habe sich Wowereit im Zuge der Sarrazin-Debatte „dem populistischen Schein-Mainstream“ widersetzt und stehe nun mehr denn je „für die weltoffene, tolerante und intelligente Stadt“. Zum anderen seien die Sympathisanten der Grünen – vom Kreuzberger Anarcho bis zum Kladower Laubenpieper – so heterogen, dass kein Wahlprogramm es allen recht machen könne.

Ein Wowereit-Papier vom Sonnabend erklärt stattdessen die SPD zur „einzig wirklichen Berlin-Partei“. Aus Sicht des Landesvorständlers und Wowereit-Vertrauten Björn Böhning wird die ausdrückliche, ab Januar geplante Öffnung der Debatte auch für Nichtmitglieder der SPD dabei helfen. Derartige Offenheit habe man früher nicht gepflegt.Stefan Jacobs

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