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Berlin: Einbürgerungen: Senat macht Bürokraten Dampf

Von Amory Burchard Immer weniger ausländische Berliner erhalten einen deutschen Pass. Mit Einbürgerungszahlen von fast 10 000 lag Berlin 1999 vor anderen Städten.

Von Amory Burchard

Immer weniger ausländische Berliner erhalten einen deutschen Pass. Mit Einbürgerungszahlen von fast 10 000 lag Berlin 1999 vor anderen Städten. Im vergangenen Jahr waren es nur 6000. Das liegt nicht nur an der sinkenden Motivation vieler Türken, sich einbürgern zu lassen. Oft auch legten die Behörden Vorschriften zu streng aus, sagt die Ausländerbeauftragte Barbara John. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) reagiert jetzt auf Kritik: Er will die Einbürgerung unverschuldet arbeitsloser Ausländer erleichtern.

Verantwortlich für die sinkenden Einbürgerungszahlen seien „bürokratische Hürden“, sagt Özcan Mutlu, der migrationspolitische Grünen-Sprecher. So legten Bezirksämter und Innenverwaltung die im Staatsbürgerschaftsrecht vorgesehenen Ermessensspielräume zum Nachteil der Antragsteller aus. Viele Fälle scheiterten daran, dass Ausländer, die Arbeitslosen- oder Sozialhilfe beziehen, grundsätzlich nicht eingebürgert würden – obwohl das Gesetz Ausnahmen zulässt. Die Innenbehörde und insbesondere der Leiter des Einbürgerungsreferats setzten die rigide Politik der rot-schwarzen Koalition fort. Ein positiveres Klima, so Mutlu, könne Körting nur durch personelle Veränderungen schaffen.

Auch die Ausländerbeauftragte beklagt: „Durch die hohe Arbeitslosigkeit können viele nicht eingebürgert werden, die es wollen.“ Die Innenbehörde habe den Bezirksämtern in einem Rundschreiben vom Juni 2001 sogar empfohlen, auch gering Qualifizierte mit nur befristeten Arbeitsverträgen nicht einzubürgern. Bei ihnen bestehe die Gefahr, dass sie arbeitslos werden könnten. Befristete Verträge seien aber heute üblich. Angesichts der schlechten Konjunkturlage sollte großzügiger verfahren werden.

Innensenator Körting will die entsprechende Anweisung jetzt neu formulieren. In einem Interview mit dem Tagesspiegel kündigte er an, die Einbürgerung für ältere Antragsteller und auch für jüngere, die betriebsbedingt gekündigt wurden und nachweislich Arbeit suchen, wieder zu erleichtern. Am vielfach kritisierten Sprachtest, den das vor drei Jahren in Kraft getretene neue Einbürgerungsgesetz vorschreibt, will Körting nichts ändern. Er schrecke viele Bewerber ab, aber deutsche Sprachkenntnisse seien für die Integration unverzichtbar.

Ein weiteres Einbürgerungs-Hindernis ist der Berg von 33 000 unerledigten Anträgen in den Bezirksämtern. Beim negativen Spitzenreiter, dem Bezirk Mitte, sind es knapp 10 000 schwebende Fälle. Die ältesten Einbürgerungsverfahren betreffen Iraner, die nicht aus ihrer Staatsbürgerschaft entlassen werden, sagt die zuständige Fachbereichsleiterin, Petra Mikoleit. Und die können jetzt in der Regel schnell eingebürgert werden. Seit Anfang des Jahres akzeptiert das Land bei Iranern die Doppelstaatsbürgerschaft. Allerdings bearbeitet das Einbürgerungsamt Mitte nur noch knapp 100 bis zu zehn Jahre alte iranische Fälle.

70 Prozent der 10 000 unerledigten Anträge stammen von Türken, bei denen die Entlassung aus der türkischen Staatsbürgerschaft durch ihre Heimatbehörden mindestens ein Jahr dauere. Danach beginnt wieder der Verwaltungsmarathon: Nach einem Jahr müssen die Antragsteller neue Gehalts- und Meldebescheinigungen vorlegen, befragt das Bezirksamt erneut Landeskriminalamt und Verfassungsschutz. Grünen-Sprecher Özcan Mutlu bezeichnet dies als „Schikane“. Die Einbürgerungsstellen berufen sich auf die Rechtslage.

In Mitte sieht man auch einen Vorteil der sinkenden Antragszahlen: Bei monatlich 90 Neuanträgen und 120 Einbürgerungen könne der Berg der Altfälle schneller abgebaut werden.

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