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Berlin: Einbürgerungsfeier: Eine Hymne auf den deutschen Pass

Etwas zaghaft klingt es anfangs, aber doch deutlich: "Einigkeit und Recht und Freiheit. Danach lasst uns alle streben für das deutsche Vaterland".

Etwas zaghaft klingt es anfangs, aber doch deutlich: "Einigkeit und Recht und Freiheit. Danach lasst uns alle streben für das deutsche Vaterland". Die, die an diesem Donnerstagabend die Nationalhymne singen, sind in Gambia geboren, in der Türkei, im Irak und anderswo und seit wenigen Monaten Deutsche. Sie sind der Einladung zur Einbürgerungsfeier im Willy-Brandt-Saal des Rathauses Schöneberg gefolgt. Einer Veranstaltung, die im konservativen Tempelhof schon zwei Mal stattgefunden hat und nun im Fusionsbezirk eingeführt ist. 700 frisch Eingebürgerte wurden geladen, zwischen 150 und 200 kamen.

Anfang des Jahres stritt das Bezirksparlament noch über die Veranstaltung. Die Grünen warfen der CDU vor, sie würde so tun, als ob die Einbürgerung Grund zum Feiern sei und gleichzeitig Ausländern "so viele Steine wie möglich" in den Weg legen. Es gehe bei der Feier darum, die neu Eingebürgerten "willkommen zu heißen und ihnen nicht nur anonym eine Urkunde zu überreichen", sagte Bürgermeister Dieter Hapel (CDU).

Hapel sitzt sitzt Seite an Seite mit Innensenator Eckart Werthebach (CDU) und der Ausländerbeauftragten Barbara John auf dem Podium. Hinter ihnen hängt die Deutschlandfahne, vor ihnen stehen Blumenkübel, rechts wartet ein Streichquartett. An weiß gedeckten Tischen sitzen Neubürger, Familienangehörige und Lokalpolitiker, den Text der Nationalhymne vor sich.

Es gibt Reden, Mozart und Haydn. Hapel beglückwünscht die Geladenen, er spricht vom "Ende einer langen Reise", einem Schritt der nicht leicht sei und vom Deutschsein "mit allen Rechten und Pflichten". Er erklärt, wie es zu der Feier kam, und sagt, dass niemand gezwungen sei, die Hymne zu singen. Von den Eingebürgerten werde nicht erwartet, "sich der Gesellschaft anzupassen", sondern eine "Integration in die Kultur der deutschen Demokratie", sagt Werthebach. "Ich hoffe, dass Sie gerne Deutscher sind, ohne ihre Wurzeln zu vergessen". Ein Ausbildungsleiter des Bezirksamts unterrichtet über die "Pflichten und Rechte des Staatsbürgers". Es geht um Pluralismus, aber auch darum, dass das Grundgesetz "fest und kämpferisch" gegen Extremismus und Terrorismus sei. Der Pflichtteil fällt recht kurz aus und handelt von Gemeinsinn und Toleranz.

Unter den Zuhörern sitzt ein geborener Musiker aus Gambia, der seit 24 Jahren in Deutschland lebt, und "die dummen Fragen" beim Verreisen satt hatte. Ein 45-jähriger Sachbearbeiter aus Indien, der sagt "ich lebe hier, ich arbeite hier. Es gibt keinen Grund, den indischen Pass zu behalten". Ein in Berlin geborener türkischstämmiger Azubi, der Hapel "korrekt" findet. Ein anderer 49-jähriger Indischstämmiger, dem die Heimat fremd und Berlin Zuhause geworden ist. Eineinhalb bis zwei Jahre sind für die meisten von der Antragsstellung bis zur Einbürgerung vergangen. "Ich finde es wichtig, willkommen geheißen zu werden", erzählt der 49-jährige Inder. Seit 23 Jahren lebe er in der Stadt, seine Kinder seien hier geboren. Nun sei endlich die Zeit des Schlangestehens in der Ausländerbehörde vorbei. Die Politiker hätten ihm das gute Gefühl vermittelt, jemand engagiere sich für ihn, sagt ein Mann aus dem Irak. Fühlt er sich nun als Deutscher? "Noch nicht ganz". Das sei wohl eine Sache der Erziehung und der Kultur.

Tobias Arbinger

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