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Berlin: Einbürgerungswillige werden nach „Rasse und Ethnie“ gefragt

Aufregung um eine Formulierung, die nach einer europäischen Datenschutzrichtlinie übernommen wurde. Grüne fordern Streichung

Von Sabine Beikler

8186 Einbürgerungen gab es im vergangenen Jahr in Berlin. Jeder dieser „Neu-Deutschen“ sollte im Formular IC 228 Datenschutzerklärung (06/04) „Erklärung zum Einbürgerungsantrag“ sein Einverständnis geben, dass von staatlichen Stellen Auskünfte über persönliche oder finanzielle Verhältnisse eingeholt werden dürfen. Nicht nur das: Der Antragsteller sollte ausdrücklich seine Einwilligung „zur Verarbeitung der für mein Einbürgerungsverfahren erfolgreichen personenbezogenen Daten besonderer Kategorien, hier zur rassischen und ethnischen Herkunft“ erteilen. Eine „sehr unglückliche“ Formulierung, wie Hubertus Benert, Sprecher der Innenverwaltung, nach einem Bericht von „Spiegel Online“ zugeben musste.

Dass in dem Formular die Rede von „rassischer Herkunft“ ist, hält Grünen-Politiker Özcan Mutlu „aufgrund unserer Geschichte und der Nürnberger Rassengesetze für unglaublich“. Mutlu stellte deshalb eine Kleine Anfrage beim Senat und fordert, diese Formulierung zu streichen. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will laut Behördensprecher diese Anfrage nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub am kommenden Montag beantworten.

Offenbar stieß sich jahrelang niemand an dieser Formulierung. Auch nicht die Politiker aller Parteien, einschließlich der Grünen, die 2001 der Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie 95/94 EG aus dem Jahr 1995 in das Berliner Datenschutzgesetz zugestimmt hatten. In der EU–Richtlinie heißt es im Artikel 8: „Die Mitgliedstaaten untersagen die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie von Daten über Gesundheit oder Sexualleben.“ Nur in Ausnahmefällen dürfen solche Daten verarbeitet werden.

SPD-Innenpolitiker Thomas Kleineidam gibt zu, dass der Begriff „Rasse“ nicht ein politisch korrekter Begriff ist. „Er steht allerdings auch im Artikel 3 des Grundgesetzes“, betonen Kleineidam und CDU-Innenpolitiker Frank Henkel. Er und der FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo wollen allerdings wissen, wozu solche Daten erhoben werden.

„Weder rassische noch ethnische Herkunft wird erfasst. Auch die Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Ethnie ist kein Kriterium für eine Einbürgerung, sondern Volkszugehörigkeit und Nationalität“, sagt Benert. Eine Definition zum Begriff „Rasse“ liege nicht vor. In anderen Ländern wie Großbritannien dagegen werden bei der Staatsbürgerschaft auch Zuordnungen nach Hautfarbe („White“) und geographischer Herkunft („African“) gemacht.

Trotz EU-Richtlinie will der Senat diese Formulierung dem Vernehmen nach entfernen. Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) fordert eine Textänderung. Und auch Körting hat das Problem schon erkannt: Nach Tagesspiegel-Informationen soll die Passage gestrichen werden. Stattdessen könnte auch nur der schriftliche Verweis auf die europäische Datenschutzrichtlinie ausreichen.

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