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Berlin: Eine Ausstellung zeigt die wichtigsten Puppen von Peter Klaus Steinmann

Ein gelber Bauch, der sich mächtig aus einem viel zu kleinen grauen Jackett wölbt - das ist Cornelius Hufnagel. Jedenfalls beim ersten Hinschauen.

Ein gelber Bauch, der sich mächtig aus einem viel zu kleinen grauen Jackett wölbt - das ist Cornelius Hufnagel. Jedenfalls beim ersten Hinschauen. Wer genauer hinsieht, entdeckt blaue, runde Augen und eine dicke Knollennase. Und einen Stab, der aus seinem Rücken ragt. Gutmütig scheint er sein Gegenüber anzublinzeln. Sein Gegenüber - das ist in diesem Moment sein "Vater", Peter Klaus Steinmann. Seit rund vierzig Jahren macht er Puppentheater in Berlin. "Cornelius ist nie gespielt worden", sagt Steinmann und lehnt sich nachdenklich auf seinen Stock, "eigentlich sollte er eine Figur sein, die in einer Tasche sitzt und nur ab und zu herauskommt." Andere Puppen aus dem Steinmannschen Wirkungskreis avancierten zu Fernsehstars. Zum Beispiel "Ulli von Bödefeld" aus der Sesamstraße, den Steinmanns Frau Benita mitgestaltete und jahrelang spielte.

Benita Steinmann starb vor drei Jahren. "Was Sie hier sehen, ist nur eine Hälfte", sagt er und blickt an seine kräftigen 1,80 Meter herunter. "Die andere Hälfte ist meine Frau. Alles, was gemacht wurde, ist gemeinsam entstanden." Alles - das sind rund 40 Jahre Puppentheater in Berlin, ungefähr 900 Puppen und so viele Aufführungen, dass Peter Steinmann sie nicht mehr gezählt hat. Ein Teil der Puppen ist jetzt im Puppentheater-Museum ausgestellt.

Puppenspielerin durch Heirat

Als er vor 40 Jahren seine ersten Aufführungen im Kleinen Schauspielhaus an der Hundekehle hatte, lernte er kurz darauf seine künftige Frau kennen. Durch die Heirat, sagte sie später, sei sie zur Puppenspielerin geworden. Als die Puppen dann 1964 in das eigene Theater "Die Bühne" im Urania-Haus zogen, war Benita Steinmann in das Theater voll integriert.

"Damals mussten wir noch um unsere Anerkennung kämpfen", erzählt er. "Wir wurden belächelt." Gab es damals gerade mal eine Handvoll Puppenbühnen in Berlin, so sind es mittlerweile fast 70 geworden. Während Steinmann anfangs vom Puppenspiel allein nicht leben konnte, sein Geld als Maurer verdiente und erst später Kunsthandwerk studierte, gibt es heute in Berlin einen eigenen Studiengang: der Beruf des Puppenspielers ist etabliert. Mit der Anerkennung stiegen auch die finanziellen Möglichkeiten der Puppentheater. "Große Gruppen, die mit mehr als zehn Mann auf Tournee gehen - das hätten wir damals nicht gekonnt, das wäre gar nicht zu bezahlen gewesen", erinnert sich Steinmann.

Für ihn ist es das Fernsehen, das den Puppenspielern zum Aufstieg verhalf. "Als die ersten Puppen auf dem Bildschirm erschienen, da war auch ein Puppenspieler plötzlich mehr wert als vorher. Das war ja einer, der könnte mal im Fernsehen gewesen sein." Vorbei waren die Zeiten, in denen er auf Tournee immer im Voraus zahlen musste. "Langsam merkten wir, dass wir vom Puppentheater auch leben konnten." Was länger blieb, war das Vorurteil, Puppentheater sei Kasperletheater, eigentlich nur etwas für Kinder. "Auch wenn wir gar keinen Kasper auf der Bühne hatten", so Steinmann, "wurde hinterher das schöne Kasperletheater gelobt."

Aber nicht nur die Entthronung des Kaspers war durch die Steinmanns in Gang gebracht worden. Sie waren auch die ersten, die in Deutschland nicht nur die Puppen, sondern auch die Puppenspieler auf die Bühne ließen. "Dieses offene Spiel hatten wir vorher schon in Russland und in der Tschechoslowakei gesehen", erzählt Steinmann, "wir haben es dann 1971 nach West-Berlin gebracht." Für das Ehepaar war Puppentheater immer mehr als Unterhaltung für Kinder. Ihr eigenes Theater, "Die Bühne" in der Urania, nannten sie "literarisches Figurentheater". Kein Zufall, dass das erste Stück dort Goethes "Faust" war. Auch später verbanden sie mit Stücken wie zum Beispiel Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame" immer wieder Literatur und Puppenspiel.

Puppenspielen ist wie Tanzen

Seit 1998 steht Steinmann nicht mehr selber hinter den Puppen. "Puppentheater ist ein bisschen wie Tanzen - dafür bin ich jetzt zu unbeweglich, das geht nicht mehr", sagt er und zeigt auf seinen Stock. Ganz kann er von den Puppen allerdings nicht lassen: Demnächst wird er ein Buch über das Puppenspiel schreiben. Für die literarische Tätigkeit entdeckt Steinmann jetzt die Welt der Computer: In den nächsten Wochen will er sich dem Layout am Bildschirm widmen.Die Ausstellung "Puppen für die Bühne" ist bis April zu sehen. Das Puppentheater-Museum liegt in der Karl-Marx-Str. 135, Öffnungszeiten: montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr, sonntags von 11 bis 17 Uhr.

Katharina Voss

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