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Berlin: Eine europäische Affäre

Der Mord soll in der Schweiz geschehen sein, die Leiche des Wiesbadener Goldhändlers Helmut Krampe fanden Spaziergänger in Österreich, den mutmaßlichen Täter schnappten tschechische Polizisten. Das war vor acht Jahren.

Der Mord soll in der Schweiz geschehen sein, die Leiche des Wiesbadener Goldhändlers Helmut Krampe fanden Spaziergänger in Österreich, den mutmaßlichen Täter schnappten tschechische Polizisten. Das war vor acht Jahren. Der Sachse Olaf W. gab in Tschechien den Mord zu, im ersten Prozess in Österreich widerrief er sein Geständnis und kam wieder frei. Doch der Fall zog weitere Kreise – und kam mit dem letzten Umzug von Olaf W. schließlich in Berlin an. Gestern begann der Indizienprozess vor dem Landgericht.

Der gelernte Elektroinstallateur Olaf W. hat in den letzten Jahren viel Abenteuerliches berichtet. So erzählte der 33-Jährige den Geschworenen in Österreich von einer Intrige von Geheimdiensten gegen ihn, der sich vor der Wende in einem sächsischen Dorf um die Disco kümmerte – so ganz nebenbei aber auch die Jugendlichen ausspioniert haben soll. Im Berliner Prozess aber blieb er zunächst stumm. „Er ist ausgesprochen krank“, sagte sein Anwalt Mario Seydel, außerdem leide er unter Schlafstörungen.

Der 44-jährige Goldhändler Krampe, ein Geschäftsfreund von Olaf W., soll im März 1994 mit seinem Wohnmobil und einer größeren Geldmenge aus Deutschland aufgebrochen sein, um in Tschechien Geschäfte „im Graubereich“ abzuwickeln. In der Schweiz traf er sich den Ermittlungen zufolge mit Olaf W. Aus Habgier soll W. den Goldhändler mit 19 Messerstichen ermordet und 281 000 Mark aus einem Geldgürtel des Opfers geraubt haben.

Mit dem Auto des Goldhändlers fuhr W. nach Tschechien. Dort wurde er im April 1994 festgenommen und gestand die Tat. Im Prozess in Österreich aber beteuerte er seine Unschuld. Zur Wiederaufnahme des Verfahrens kam es, weil er nach seiner Freilassung im österreichischen Rotlichtmilieu mit dem Mord geprahlt haben soll.

Seine Anwälte bezweifeln nun, dass seine Aussage in Tschechien mit sauberen Methoden zustande kam. Olaf W. sei dort mit brennenden Zigaretten gefoltert worden, erklärten sie. Ein Gutachter aber hatte nicht ausgeschlossen, dass er sich diese Verletzungen selbst beigebracht hat.

Viele Indizien sprechen gegen den Angeklagten. Aber es gibt einen Schönheitsfehler, der in Österreich zum Freispruch führte: Nicht bei der ersten, sondern erst bei der zweiten Durchsuchung des Zimmers zwei Wochen nach W.’s Festnahme entdeckten Polizisten die Beute. Wurde der Sack mit dem Geld übersehen – oder erst später dort abgelegt? Olaf W. jedenfalls sah seine Version einer Intrige gegen ihn, der im Auftrage der Stasi mit großen Geldsummen jongliert haben will, bestätigt. Kerstin Gehrke

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