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Berlin: Eine Frage des Tons

In den Ordnungsämtern gehen vermehrt Beschwerden über die Kiezstreifen ein

Seit knapp elf Monaten sollen die Kiezstreifen auf Straßen, Plätzen und in Grünanlagen für Ordnung sorgen. Doch immer wieder gibt es Kritik an ihrer Arbeit. „Sogar die, die wir nur mündlich verwarnen, finden uns fürchterlich“, sagt Elke Gassert, die Leiterin des Spandauer Ordnungsamtes. Auch werde kritisiert, wenn die Ordnungshüter „einen schärferen Ton anschneiden“, nachdem eine zur Rede gestellte Person laut wird oder zu pöbeln beginnt. Mitarbeiter deswegen ermahnen musste sie bisher nicht.

Baustadtrat Franz Schulz in Friedrichshain-Kreuzberg berichtet von Konfrontationen mit aggressiven Hundehaltern. Den Angriff eines Mannes konnten seine Mitarbeiter nur mit Reizgas stoppen. Auch bei den Gewerbetreibenden stießen diese zunehmend auf Skepsis, beispielsweise bei der Nutzung des Straßenlandes: „Die Leute merken, dass Regeln nicht nur vorgegeben, sondern auch kontrolliert werden.“ Kritik am Auftreten der Mitarbeiter analysiert Schulz „sehr genau“. Bei diesen handele es sich oft um ehemalige Köche, Gartenarbeiter und Gefangenenaufseher ohne einschlägige Erfahrung. Von einem Mitarbeiter musste sich der Bezirk wieder trennen.

„Beschwerden gehören zum Tagesgeschäft“, sagt Jens Höft vom Ordnungsamt Mitte. Meist erwiesen sie sich als grundlos. Manche Bürger wollten auf diese Weise „hinten herum“ das Verwarnungsgeld sparen. Dennoch sind nach Höfts Angaben einige Beschwerden gerechtfertigt, wenn Kiezstreifen im Umgang mit dem Bürger „nicht den richtigen Ton getroffen haben“. Dies führte schon zu Rügen. Auch der Baustadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus-Dieter Gröhler, muss seine Streifengänger gelegentlich darauf hinweisen, „dass sich am Ton noch etwas ändern könnte“. Aber oft seien auch Radfahrer oder Hundehalter uneinsichtig, und mancher Falschparker frage, ob die Kiezstreifen „nichts Besseres zu tun“ hätten.

In Lichtenberg hat Amtsleiter Wolfgang Mauermann seit September neun Dienstaufsichtsbeschwerden bearbeitet, acht von Falschparkern sowie eine von einem Radfahrer, den eine Streife im Park gestoppt hatte. Alle erwiesen sich als ungerechtfertigt.

Trotz aller Kritik sehen die Amtsleiter auch Akzeptanz für die Kiezstreifen. Besonders bei älteren Menschen werde das Sicherheitsgefühl gestärkt, sagt Franz Schulz. In Spandau hat Elke Gassert festgestellt, dass im Allgemeinen der Einsatz „viel positiver als noch vor fünf Monaten gesehen“ wird. Viele Bürger freuten sich darüber, dass Dreckecken verschwinden und Radler auf Gehwegen gestoppt werden, so Klaus-Dieter Gröhler. Besonders Eltern mit kleinen Kindern begrüßten die Durchsetzung des Leinenzwangs für Hunde in Grünanlagen, berichtet der Stadtrat. Aus Mitte berichtet Jens Höft, dass die Bevölkerung das Amt reichlich mit Aufträgen zu möglichen Einsatzorten versorge. „Die Leute fordern den Einsatz der Kiezstreifen regelrecht ein“, so auch die Erfahrung in Lichtenberg von Wolfgang Mauermann.

Möchten Sie uns Ihre Erfahrungen mit den Kiezstreifen mitteilen, dann schreiben Sie bitte unter dem Stichwort Kiezstreife, an die Berlin-Redaktion, Der Tagesspiegel, 10786 Berlin, oder per E-Mail an berlin@tagesspiegel.de.

Rainer W. During

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