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Berlin: „Eine große Koalition für Berlin hat sich überlebt“

CDU-Generalsekretär Frank Henkel findet eine Jamaika-Koalition interessant und hält Millioneninvestitionen trotz aller Sparzwänge für möglich

Eine große Koalition soll die nächste Bundesregierung stellen. Berlin wurde fast zehn Jahre lang von CDU und SPD regiert. CDU-Generalsekretär Frank Henkel erklärt im Gespräch mit Werner van Bebber, warum er sich für Berlin heute eine große Koalition nicht mehr vorstellen kann und andere Bündnisse für spannender hält.

Wie sehen Sie heute die Berliner Erfahrung mit solch einem Bündnis?

Die große Koalition war nach der Wiedervereinigung der Stadt richtig. Es ging darum, die Stadthälften wieder zusammenzubringen. In dieser Phase hat die große Koalition erfolgreich gearbeitet. In der letzten Phase wurde es schwerer, weil die SPD keine konstruktive Politik mit der Union mehr machen, sondern aussteigen wollte, um Mehrheiten links von der großen Koalition zu finden.

Was würde Sie als Generalsekretär mehr reizen – die scheinbar satte Mehrheit von Schwarz-Rot oder die Jamaika-Variante?

Am meisten würde es mich reizen, wenn die CDU stärkste Kraft würde. Darüber hinaus – aber das ist nur eine theoretische Betrachtung – fände ich die Jamaika-Konstellation spannend. Eine Koalition mit der SPD hat sich erst einmal überlebt. Es gibt zu viele Gegensätze, auch was die handelnden Personen betrifft. Klaus Wowereit hat sich zum Nachteil der Stadt für eine linke Koalition ausgesprochen. Und er hat deutlich gemacht, dass er diese Koalition gegen Wirtschaftswachstum und Beschäftigung über das Wahljahr hinaus fortsetzen will.

Sie haben auf Ihrer Klausurtagung ein Zukunftsprojekt Berlin beschlossen. Darin fordern Sie Millionenprogramme, um zum Beispiel Biotechnologiefirmen anzusiedeln. Will die CDU mehr Schulden machen als Thilo Sarrazin?

Nein. Aber wir wollen in Zukunftsprojekte investieren. Wir versprechen uns davon auch eine entsprechende Rendite. Das wenige Geld, das zu investieren ist, wollen wir in den Bereichen Gesundheitswirtschaft, pharmazeutische Industrie, Bio-Wissenschaften, Verkehrs- und Umwelttechnik, Kommunikations- und optische Technologien einsetzen. Das ist der richtige Weg in einer Stadt, die einen massiven Abbau an Industriearbeitsplätzen verkraften musste.

Woher soll das Geld dafür kommen?

Dazu muss der Haushalt intelligent und zukunftsorientiert gestaltet werden. Nur mit Streichpolitik sind die Berliner Probleme nicht zu lösen.

Ist die CDU noch eine konservative Partei?

Die Union ist eine Partei der Mitte. Sie hat christlich-soziale und liberal-konservative Wurzeln. In Umbruchzeiten, in Zeiten der Globalisierung sind traditionelle Bindungen wichtig. Dazu gehören Geschichte, Kultur, Traditionen. Das ist konservativ, dafür steht die Union.

Halten Sie eine neue Leitkultur-Debatte für sinnvoll? Ist dazu nicht alles gesagt?

Die Debatte ist seinerzeit von Friedrich Merz angestoßen, aber von der Union überhaupt nicht weitergeführt worden. Sie wurde von der Linken diffamiert – die Union hat daraufhin offensichtlich der Mut verlassen. Es ist höchste Zeit, sich ihr zu stellen. Über Nation, Heimat und Patriotismus müssen wir reden. Gerade angesichts der Globalisierung und zunehmenden Entwurzelung brauchen wir mehr Patriotismus für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

Frank Henkel (41)

ist Generalsekretär und parlamentarischer Geschäftsführer der Berliner CDU. Er gehört zu der vierköpfigen Kommission, die einen Spitzenkandidaten anwerben will.

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