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Berlin: Eine lange Geschichte

Jüdischer Friedhof Weißensee soll Weltkulturerbe der Unesco werden. Aber das kann Jahre dauern

Über Jahrzehnte interessierte sich kaum jemand für den Jüdischen Friedhof Weißensee. Jetzt sind Politiker aller Parteien begeistert von der Idee, das 42 Hektar große Areal zum Unesco-Weltkulturerbe vorzuschlagen. Albert Meyer, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, hatte diese Idee vor einem Monat geäußert und die Unterstützung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit bekommen. Vor kurzem hat die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus einen Antrag eingereicht, in dem das Parlament aufgefordert wird, sich für die entsprechende Bewerbung bei der Unesco einzusetzen. Der Friedhof mit seinen 115 500 Gräbern sei von herausragender kulturgeschichtlicher Bedeutung und einzigartig, sagt Monika Grütters, noch stellvertretende CDU-Fraktionschefin und frisch gewählte Bundestagsabgeordnete. Sie glaubt, dass die Chancen für die Bewerbung nicht schlecht stehen. Es gebe zwar viele Bewerbungen aus Deutschland, aber Friedhöfe seien bisher nur wenige auf der Unesco-Liste.

Bereits in der nächsten Sitzung will sich der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses mit dem Antrag befassen – und ihn wahrscheinlich annehmen. Denn auch die anderen Fraktionen unterstützen das Anliegen. Alice Ströver von den Grünen will sich dafür einsetzen, dass es bald zu einem Beschluss kommt, ebenso die Liberalen. Auch PDS-Fraktionschef Stefan Liebich begrüßt die Initiative der Jüdischen Gemeinde. Alle Parteien sind der Meinung, dass der Friedhof nicht nur als Weltkulturerbe anerkannt werden müsste, sondern dass auch die Bundesregierung in der Pflicht ist, die Grabanlagen vor dem Verfall zu retten. Es sei „zweifellos ein Ort gesamtstaatlicher Bedeutung“, sagt Liebich. Die Jüdische Gemeinde schätzt, dass dafür mindestens 20 Millionen Euro nötig sind.

Kulturstaatsministerin Christina Weiss ließ Albert Meyer wissen, dass auch sie die Idee mit der Unesco unterstütze. Das Aufnahmeprozedere könne sich aber über viele Jahre hinziehen. Genauer gesagt 16 Jahre, präzisiert Klaus Hüfner, Mitglied im Vorstand der Deutschen Unesco-Kommission. Denn die Kultusministerkonferenz, die die Liste der von Deutschland insgesamt eingereichten Vorschläge erarbeitet, hat bereits 15 Bewerbungen vorliegen, darunter die Stadt Heidelberg und die Franckeschen Stiftungen in Halle. Das Land Berlin wollte nächstes Jahr eigentlich die Bauhaus-Gebäude in Siemensstadt vorschlagen. Zudem sei Deutschland mit 31 Kulturstätten auf der Unesco-Liste schon überrepräsentiert. „Die Bewerbung des Jüdischen Friedhofs Weißensee ist dennoch unterstützenswert“, sagt Hüfner. Die Aufnahme sei nicht unrealistisch, aber Geld sei von der Unesco nicht zu erwarten. Würde der Ort aufgenommen, müsste sich der Bund verpflichten, für die Erhaltung aufzukommen.

Der Rang als Unesco-Kulturerbe würde das Spendensammeln aber erleichtern, so Hüfner. Einen ersten Erfolg hat Albert Meyer bereits erzielt: Die Firma Berger Hochtief hat zugesagt, das Grab ihres Firmengründers zu sanieren. Meyer hofft auf weitere Firmen, deren Gründer hier bestattet sind, etwa Berthold Kempinski.

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