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Eine Leiche zum Dessert: Bei der Wiener Kriminacht stellen Autoren ihre neuesten Werke vor

Wiener Schmäh trifft Berliner Schnauze: Bei der Wiener Kriminacht stehen am Freitag neben Wiener Schnitzeln und Marillenknödeln auch Leichen auf der Speisekarte.

Das Ganze ist eigentlich nur ein Gag. Verlagsprogramme und Bestsellerlisten strotzen nur so vor Krimis, da können wir doch auch einen machen, haben sich Claus-Ulrich Bielefeld und Petra Hartlieb gesagt. Die beiden sind Freunde und gehen jedes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse zusammen essen. Da haben die Wienerin – sonst Buchhändlerin – und der Berliner – sonst Literaturredakteur beim RBB – ihren Berlin-Wien-Krimi ausgeheckt. So nach dem Motto „Wenn du zehn Seiten schreibst, schreibe ich auch zehn“, erzählt Claus-Ulrich Bielefeld. Die haben sie sich hin- und hergemailt. „Und als wir 150 Seiten voll hatten, wollten wir’s dann auch bis zum Ende durchziehen.“

Aus Daffke hat Hartlieb dann das Manuskript an den Diogenes Verlag in Zürich geschickt – und prompt nahmen die ihn. Im April ist „Auf der Strecke“ erschienen, inzwischen in dritter Auflage. Und am heutigen Freitag um 20 Uhr lesen die beiden bei der Wiener Kriminacht im Café Friedrichs in der Friedrichstraße 106 daraus vor.

In Wien ist die Kriminacht schon ein alter Hut, in Berlin findet sie erstmals statt. Da, wo sonst Wiener Schnitzel, Kaiserschmarren und Marillenknödel verputzt werden – in zehn österreichischen Lokalen der Stadt. Im Jolesch in Kreuzberg liest Beate Maxian aus „Tödliches Rendezvous“, im Wiener Beisl in Charlottenburg liest Susanne Wiegele aus „Fetzer und die Ordnung der Dinge“ und in der Kaffeerösterei Fiaker in Tiergarten ist Georg Siegl mit „Inspektor Kocek und der Lobauschamane“ zu Gast. Claus-Dieter Bielefeld ist „ehrenhalber“ als Berliner Autor dabei, grinst er und nippt im Café Friedrichs an seiner Melange. Das preußisch-protestantische Berlin und das katholisch-barocke Wien hätten viel mehr miteinander gemein, als der zu jedem Fußballspiel beschworene Hass zwischen Piefkes und Ösis vermuten ließe, findet er. Was denn? „Na, das Raunzen, Meckern und Räsonieren.“

Da sind die beiden Kommissare von Hartlieb und Bielefeld auch nicht schlecht drin. Die beiden müssen einen Mord an einem Schriftsteller im Nachtzug Wien-Berlin aufklären, ermitteln vom Wiener Prater bis zur Neuköllner Boddinstraße, pflegen dabei ihre Ressentiments und finden sich schließlich ziemlich nett. Nebenbei entsteht ein Doppelporträt beider Städte, von dem Bielefeld hofft, dass es Leser wie ein Stadtführer zu Erkundungstouren inspiriert. Klischees wie den Wiener Schmäh und die Berliner Schnauze bedienen Hartlieb und Bielefeld lieber nicht: Ihre Wienerin Anna Habel hat keinen Schmäh, sondern heftig Haare auf den Zähnen. Und der Berliner Kommissar Thomas Bernhardt ist eher ein Melancholiker als eine Kodderschnauze. Der nächste Berlin-Wien-Krimi ist schon in der Mache. „Tod im Weinviertel“ spielt im Flakbunker Humboldthain, in einer Dahlemer Villa und in einem Südtiroler Restaurant in Kreuzberg, sagt Claus-Ulrich Bielefeld. Wie, ein weiteres Buch, wo das Ganze doch eigentlich ein Gag war? „Klar, wenn schon, denn schon, das wird jetzt als Reihe angelegt.“ Aha, die Masche Berlin-Wien geht so gut, dass sie in Serie geht.

Wiener Kriminacht, Freitag, in zehn Gastwirtschaften, Programminfo: www.kriminachtberlin.de, Eintritt frei

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