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Berlin: Eine Linse riskiert

Prominente fotografierten ihre Umwelt. Die Filme werden jetzt für „Reporter ohne Grenzen“ versteigert

Hat Uli Wickert einen Sinn für schöne Motive? Kann Katja Riemann mit dem Blitzlicht umgehen? Und hat Götz Alsmann beim Fotografieren ständig den Finger vor der Linse? Antworten auf diese Fragen verspricht die Aktion „Starfoto – Bilder für die Pressefreiheit“. Der Verein „Reporter ohne Grenzen“ hat 43 Prominenten eine Ein-Weg-Kamera in die Hände gedrückt. Damit sollten sie fotografieren, was ihnen gerade in den Sinn kommt. Jetzt werden die Filme im Internetauktionshaus Ebay versteigert, das Startangebot liegt jeweils bei einem Euro. Was auf den Bildern zu sehen ist, wissen nur die Künstler selbst – die Filme sind noch nicht entwickelt. Allerdings haben die Prominenten ihren Arbeiten Titel gegeben, und die versprechen große Kunst: Komiker Atze Schröder hat sein Werk „Deutschland Wunderland“ getauft, Schauspieler Christian Ulmen knipste zum Thema „Wissen und Staub“, sein Kollege Jan Josef Liefers wählte den etwas sperrigen Titel „Haben Sie keinen Friseur?“ Auch echte Enthüllungen sind zu erwarten: Maria Furtwänglers Film heißt „Drehorte – die Wahrheit“, Uli Wickert zeigt das Tagesthemen-Studio, wie es nur ARD-Mitarbeiter kennen.

42000 Euro hat die Versteigerung im vorigen Jahr eingebracht, allein 10000 Euro wurden für die Kamera des Star-Fotografen Peter Lindbergh geboten. Der hatte im Vorfeld angedeutet, dass sich auf seinem Film auch ein Bild von Hollywood-Schönheit Julia Roberts befinde – aufgenommen in einer Umkleidekabine. „Schon möglich, dass durch diese Ankündigung der Preis nach oben getrieben wurde“, sagt Elke Schäfter, Geschäftsführerin der Deutschland-Sektion von Reporter ohne Grenzen. Mit dem Geld unterstützt der Verein Journalisten, die wegen ihrer Berichterstattung in Not geraten sind. Wie die Tschetschenin Mainat Abdullajewa. Die Reporterin hatte jahrelang über Menschenrechtsverletzungen in der russischen Teilrepublik geschrieben, Massengräber und Leichen tschetschenischer Zivilisten auf der Straße gesehen. Bei ihrer Arbeit wurde Mainat Abdullajewa immer wieder vom russischen Militär behindert, zwischenzeitlich auch festgenommen. Der Vorwurf: Die Journalistin arbeite mit tschetschenischen Rebellen zusammen. Als sie im November vorigen Jahres von Unbekannten bedroht und ihre Wohnung schließlich mit Maschinengewehren beschossen wurde, wendete sie sich an Reporter ohne Grenzen. Die verschafften ihr kurzfristig einen Flug nach Deutschland und ein Stipendium, so dass Abdullajewa nun in Sicherheit ist. Auch in vielen anderen Ländern hat sich der Verein erfolgreich für gefährdete Journalisten eingesetzt. Man solle aber nicht davon ausgehen, dass die Pressefreiheit ausschließlich in der Ferne bedroht sei, sagt Vereins-Vorstand Dirk Sager. Auch in Deutschland sei zumindest Vorsicht geboten, das habe unlängst die polizeiliche Durchsuchung der Redaktionsräume des politischen Magazins „Cicero“ gezeigt. Das Problem betreffe also keineswegs immer nur solche Länder, die „in unseren Augen eher am Rande der Zivilisation angesiedelt sind“.

Gebote können unter www.ebay.de abgegeben werden. Die Benefizgala inklusive Live-Auktion findet am 18. Oktober ab 19 Uhr im Wintergarten Varieté in der Potsdamer Straße 96, Tiergarten, statt. Infos: www.reporter-ohne-grenzen.de

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