zum Hauptinhalt

Berlin: Eine Reform, die schon Geschichte ist

Die Ankündigung von Innensenator Ekkart Werthebach (CDU) überraschte sogar die Geheimdienstler selbst: Der Verfassungsschutz soll aufgelöst und in die Innenverwaltung integriert werden - eine "Wunschlösung", wie Amtschef Eduard Vermander am Mittwoch sagte. Dabei hat der Geheimdienst ein grundlegendes Face-Lifting gerade erst hinter sich.

Die Ankündigung von Innensenator Ekkart Werthebach (CDU) überraschte sogar die Geheimdienstler selbst: Der Verfassungsschutz soll aufgelöst und in die Innenverwaltung integriert werden - eine "Wunschlösung", wie Amtschef Eduard Vermander am Mittwoch sagte. Dabei hat der Geheimdienst ein grundlegendes Face-Lifting gerade erst hinter sich. Erst vor gut vier Wochen verkündete Vermander eine Strukturreform. Seitdem ist der Verfassungsschutz in fünf Fachbereiche gegliedert: Die "Extremismusbeobachtung", die "Spionageabwehr", die "Beschaffung" sowie die Fachbereiche "Grundsatz" und "Verwaltung".

Durch die Reform sollten Teile der Hierarchie wegfallen und damit die Abläufe gestrafft werden. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) hatte bereits im Zuge der Affäre um den Polizeibeamten Otto Dreksler von einer personellen Erneuerung gesprochen - dann aber offenbar den Mut verloren. Denn von den fünf Fachbereichen werden vier von Beamten geleitet, die bereits früher zur Leitung des Amt gehörten. Lediglich die Führung des Extremismus-Bereichs wurde mit neuem Personal besetzt, mit dem stellvertretenden Staatsschutz-Chef Stephan Schlange-Schöningen - einem Polizisten, der keiner Partei angehört.

Neben dem Links- und dem Rechtsextremismus ist Schlange-Schöningen auch für die Scientology-Sekte verantwortlich. Von den rund 240 Mitarbeitern des Verfassungsschutzes arbeiten in diesem Bereich etwa 40 Beamte. Seit der Reform ist die "Beschaffung" von Nachrichten ein eigener Fachbereich, der den "Auswertern" zuliefert. Auch die Führung von V-Männern fällt in diesen Bereich. Er wird derzeit von Christoph Krause geleitet, einem CDU-Mann. Die Abteilung ist auch für das Abhören von Telefonen, die Postüberwachung sowie Observationen zuständig - die so genannten "nachrichtendienstlichen Mittel". In ihr arbeiten mehr als 60 Verfassungsschützer. Das Amt will in diesem Jahr 1,17 Millionen Mark für nachrichtendienstliche Mittel ausgeben. Das meiste Geld ist dabei für die Überwachung des Linksextremismus vorgesehen. Allerdings kündigte Werthebach am Mittwoch an, dass die Beschaffung von Informationen durch spezielle Geheimdiensttechniken wie das Abhören von Telefonen künftig nicht mehr höchste Priorität haben werde.

Ein weiterer Fachbereich ist zuständig für die Spionageabwehr. Dieser Bereich soll sich auch um den Ausländerextremismus kümmern. Geleitet wird er von Bernhard Dybowski (CDU). Dybowski war bereits mit der Aufarbeitung der Dreksler-Affäre betraut. Den "Grundsatz"-Bereich" leitet seit kurzem mit Dietmar Peitsch ein weiterer CDU-Mann, der "Verwaltung" steht mit Siegfried Nenstil ein SPD-Mitglied vor.

Noch völlig offen ist, ob Werthebach bei der Integration des Amtes in die Innenverwaltung auch die Führung der Fachbereiche neu ordnen will. Auch wie die künftige Öffentlichkeitsarbeit aussehen soll, ist völlig offen. Mit der Reform sollte die Öffentlichkeitsarbeit, besonders die Politikberatung, deutlich verbessert werden. Das wird der Verfassungsschutz nun nicht mehr selbst verantworten. In Zukunft, kündigte Werthebach am Mittwoch an, werde die Öffentlichkeitsarbeit von seiner Pressestelle mit übernommen werden. Die seit Jahren vorbereitete Reform ist damit schon wieder Geschichte.

Holger Stark

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false