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Schwarzkäppchen und der gute Grenzer. Am Einheitstag ist alles erlaubt. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Berlin: EINHEITSBREI

Na, waren Sie am Mittwoch auch da? Beim Familienfest zum Tag der deutschen Einheit am Brandenburger Tor?

Na, waren Sie am Mittwoch auch da? Beim Familienfest zum Tag der deutschen Einheit am Brandenburger Tor? Wahrscheinlich nicht – wenn Sie dagewesen wären, dann wäre da mehr los gewesen. Lediglich „mehrere tausend Menschen“ zählte die Nachrichtenagentur dapd und zitierte eine Sprecherin des Veranstalters, die sich darüber freute, dass es bereits um 11 Uhr „richtiggehend voll“ gewesen sei. Richtiggehend voll: Für einen Nationalfeiertagsfeier in der Hauptstadt ist das, finden wir – Super(lokal)patrioten, die wir sind – nicht unbedingt die richtige Größenordnung. Wir wollen Menschenmassen, Ausnahmezustand und in Landesfarben eingefärbte Kampfjet-Kondensstreifen. Im Einzelnen:

Monumentale Vereinigungskirmes

Da fängt’s ja schon an: ein Riesenrad, ein Bungee-Turm und Fressbuden auf der Straße des 17. Juni? Come on, Berlin, wenn das alles ist, was du zu bieten hast, dann ist es kein Wunder, dass der Einheitstag hier tausendfach kleiner ausfällt als das Oktoberfest in München. Dort ließe sich einiges lernen. Für den großen Auftrieb braucht es große Biergläser, große Kotzbecken und große... aber lassen wir das und wenden uns Modul 2 zu, der zackigen...

Militärparade

Auf die bundesdeutsche Variante des feierlichen Waffenzeigens à la Frankreich oder Nordkorea warten wir ja schon unser ganzes Leben. Zwischen den Marschblöcken werden Plakate mit der Aufschrift „Angriffskrieg – nur ungern“ hochgehalten, die Stars der Parade sind nicht etwa Piloten oder Panzerfahrer, sondern spatenbewehrte Brunnenbauer. Apropos lustige Uniformen – das darf natürlich auch nicht fehlen:

Nachstellung historischer Schlachten

Die Amerikaner machen es an ihrem Unabhängigkeitstag vor – Deutschland müsste mit seinen rollenspielverrückten Einwohnern locker nachlegen können.

In Form munterer Geländespiele werden historische Ereignisse zum Leben erweckt. Wer schon immer mal im Rahmen eines „Berlin Wall Adventure Games“ aus dem zweiten Stock über Stacheldraht springen, durch Kiesbetten oder Tunnel robben wollte, ist hier richtig. Makaber? Ein bisschen. Unser Ernst? Der läge eher hier:

Verlegung auf den 9. November

Oder wir machen es einfach so: Nennen unseren Schicksalstag zukünftig Nationalfeiertag, begehen ihn, wie man ihn in seiner Ambivalenz begehen muss, also zurückgenommen, ein Stück zerrissen, zwischen Freude, Schmerz und Wut, und erkennen uns genau darin wieder. Ein alter Hut, ja, aber er passt!

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