zum Hauptinhalt

Berlin: Einkaufswagen mit Sitz und Lupe

Neuer „Generationen-Markt“ soll Älteren das Einkaufen erleichtern

Wo gibt es das in einem Supermarkt? Eine Art Foyer mit einem breiten Sofa oder einer Entspannungs-Massageliege. Ein Info-Monitor informiert über die neuesten Angebote. Die Kunden haben vor sich einen Automaten mit gekühltem und ungekühltem Wasser, ganz umsonst. Es gibt einen Taxiruf, der die Besucher auch nichts kostet. Und dann vor allem neue Einkaufswagen mit Sitzen, zum Verschnaufen zwischendurch. Mit einer angehängten Lupe, damit sich Waren und Preise besser sehen lassen können. Und mit anderen Annehmlichkeiten, die vor allem ältere Kunden zu schätzen wissen.

Den Supermarkt, der speziell auf Senioren Rücksicht nimmt, gibt es seit gestern an der Andreasstraße in Nähe des Ostbahnhofs in Friedrichshain. Kaiser’s hat die Filiale errichtet, nennt sie „Generationen-Markt“, weil sich das Angebot ja an alle Altersgruppen richtet. Aber gerade den Älteren will man an dieser Stelle ein „ganz besonderes Wohlfühlambiente“ vermitteln. Begriffe wie „40, 50, 60 plus“ wurden gestern von den Marktmanagern genannt, aber gleich wieder als möglicherweise unpassend erkannt. „Was ist schon Alter?“, philosophierte Projektleiter Holger vom Bruch, ein Enddreißiger.

Alter zeigt sich vermutlich in der stillen Freude, einmal ganz andere, vor allem bequeme Einkaufswagen zu benutzen. Es geht zwar nicht übermäßig viel hinein, aber eine Sitzfläche vor sich herzuschieben, kann mitunter auch beruhigend sein. Beim Platznehmen bleibt der Wagen automatisch stehen, er verrutscht also nicht. Es gibt neben der Lupe einen Schirmständer an Bord. Die Gänge im Supermarkt sind breit, die Böden gelten als rutschfest, auch an den Regalen hängen Lupen,um Kleingedrucktes auf den Packungen besser lesen zu können. Die Kühlregale haben eine Stufe, sie erleichtert kleinen Menschen, besser an Höherplatziertes zu kommen – das ist nun keine Frage des Alters. Langes Suchen nach Single-Verpackungen soll es auch nicht mehr geben, dafür sind überall Hinweisschilder „für den kleinen Haushalt“ zu sehen. Und wer dennoch die Orientierung verlieren sollte oder auch die Toilette sucht, findet an den Regalen Klingeln, auf die Marktleiter Patric Kuttula prompt reagiert. Auf seine Idee übrigens geht der „Generationen-Markt“ zurück. Eine Markt- und Standortanalyse hatte ergeben, dass 60 Prozent der Kunden Singles sind, dass der fast gleiche Prozentsatz 50 Jahre und älter ist. Die Lage an der Andreasstraße schien geeignet für einen Markt, der speziell auch für ältere Menschen konzipiert ist. Ob es weitere Märkte dieser Art geben wird, ist noch unklar, die Erfahrungen werden es zeigen.

Bei den Kunden kam das neue Konzept gestern gut an. Ilse Rudolph, 83 Jahre alt, freute sich vor allem über die Lupen an den Regalen, über die „Übersichtlichkeit“. Der 81-jährige Johannes Lietzold war von den Einkaufswagen überrascht.

Die Kunden, auffallend viele ältere Menschen, waren vor allem froh, dass nach sechs Monaten der Supermarkt wieder offen war. Der alte sei „schrottreif“ gewesen, berichtete Regionsmanager Tobias Tuehlenski. Kaisers’s entschied sich, das einstige Kaufhallen-Grundstück vom Liegenschaftsfonds zu kaufen und was ganz Neues zu bauen. Vor allem für Ältere.

Christian van Lessen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false