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Einladung an Rechtspopulisten: CDU distanziert sich von Stadtkewitz

René Stadtkewitz hat sich mit seiner Islam-Kritik in der Partei keine Freunde gemacht: Fraktionschef Frank Henkel will mit konservativen Populisten nichts zu tun haben. Die CDU positioniert sich mittig - doch die Sorge vor einer neuen Partei wächst.

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Damit haben sie in der Berliner CDU nicht gerechnet: Der Streit über die Einladung an einen niederländischen Rechtspopulisten führt direkt zur Frage einer Parteineugründung. Für René Stadtkewitz soll nach dem Willen von Fraktionschef Frank Henkel kein Platz mehr sein in der Fraktion, weil er mit Geert Wilders über den Islam als Integrationshindernis diskutieren will. Damit aber ist die Frage gestellt, ob die CDU den rechten Rand des politischen Spektrums noch abdeckt.

Fraktions- und Landeschef Henkel will darüber nicht spekulieren, er zieht – frei nach der These: Wahlen werden in der Mitte gewonnen – eine klare Grenze zwischen der CDU und Stadtkewitz: „Ich brauche keinen Nachhilfeunterricht über christliche Werte und Integration“, sagt er und verweist mit Stolz auf das neue Integrationskonzept seiner Partei. Auch Gerd Langguth, Politikwissenschaftler und früherer Chef der Konrad-Adenauer-Stiftung, meint, dass sich die Union gegenüber Muslimen öffnen „und zusehen muss, dass sie bei den Migranten, gleich welcher Herkunft, einen Fuß in die Tür bekommt“. Die CDU dürfe nichts Ausländerfeindliches tun, denn das verletze das christlich-demokratische Gedankengut.

„Andererseits trauen viele in der Bevölkerung der CDU am ehesten zu, dass sie islamistischen Tendenzen Widerstand entgegensetzt“, sagte Langguth dem Tagesspiegel. Einserseits die Öffnung, andererseits die Kritik an Fehlentwicklungen, das sei natürlich eine Gratwanderung. Und es gebe „ein Potenzial rechts von der Union, auch wenn es in Deutschland über keine wählerwirksame Führungspersönlichkeit verfügt, aber das kann sich ändern“. Dieser Gefahr müsse sich die CDU bewusst sein, die selber keine „rein konservative“ Partei sein könne, weil sie dann nicht mehr mehrheitsfähig sei.

Das Thema treibt auch die Berliner CDU um. Eine rechtspopulistische Bewegung könnte bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl an den bisher sicher geglaubten 24 oder 25 Prozent zehren. Stadtkewitz hat zwar dementiert, dass er 2011 für die anti-islamische Bewegung „Pro Deutschland“ kandidieren will. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass er nach seinem Treffen mit Wilders einen Ableger von dessen Freiheitspartei in Berlin gründet. Der Ex-CDU-Mann ist seit 2008 Landes- und inzwischen auch stellvertretender Bundeschef von Pax Europa – einem Verein, der sich dem kompromisslosen Kampf gegen den Islam verschrieben hat.

Zudem gehört Stadtkewitz zu den Erstunterzeichnern des „Manifests gegen den Linkstrend“, in dem enttäuschte Mitglieder und Sympathisanten der CDU vorwerfen, Grundpositionen aufzugeben und eine „gescheiterte Multikulti-Integrationspolitik voranzutreiben“. Andere Berliner Initiatoren des Aufrufs mit bereits mehreren tausend Unterschriften sind der Ex-Politologe Klaus Motschmann und die Stadtälteste Ursula Besser. Beide waren in ihrer aktiven Zeit Exponenten eines ultrarechten Konservatismus.

Die militanten Islamgegner in Deutschland und Berlin, die in der Union keine Heimat mehr sehen, orientierten sich zuerst an der flämischen „Vlaams Belang“ und der Freiheitlichen Partei Österreichs. Aber auch in Italien, der Schweiz und Spanien gibt es Bündnispartner. Ausgehend von der „Bürgerbewegung pro Köln“, die dort seit 2004 im Stadtrat sitzt, hat der Verein „Pro Deutschland“ in den letzten fünf Jahren mit einem „rabiaten Anti-Muslimismus“ (so der Politologe Hajo Funke) überregional Fuß gefasst. Angefeuert durch eine Umfrage des Emnid-Instituts, nach der sich jeder fünfte Deutsche vorstellen kann, eine neue konservative Partei rechts der CDU zu wählen. Bei den Wahlberechtigten unter 30 Jahre ist der Anteil noch größer.

Bei der Landtagswahl in Nordrhein- Westfalen kam „Pro Deutschland“ trotzdem nur auf 1,4 Prozent der Stimmen. Nun wollen sich die Rechtspopulisten auf Berlin und Hamburg konzentrieren und dort Personal und finanzielle Ressourcen bündeln. Ein Wahlprogramm für Berlin ist schon gedruckt, in dem die „drohende Überfremdung“ durch „kulturfremde Zuwanderer“ beklagt und der Islam als Ursache des Übels benannt wird. Vor der Wahl soll ein internationaler Kongress unter dem Motto „Berlin – eine christliche Stadt“ Stimmung machen.

Als treibende Kraft für den Berliner Wahlkampf der neuen Bewegung galt bislang der schwedische Unternehmer Patrik Brinkmann. Ohne deutsche Staatsbürgerschaft kann er aber nicht Spitzenkandidat werden, und in der rechten Szene wird bezweifelt, dass der angebliche Multimillionär sich nachhaltig engagieren wird. Die SPD nimmt die Pro-Bewegung dennoch ernst genug, um am Dienstagabend auf einer Podiumsdiskussion im Rathaus Schöneberg über deren Ziele zu diskutieren. Dort forderte SPD-Landesvizechefin Iris Spranger, sich inhaltlich mit der Bewegung auseinanderzusetzen.

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