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Berlin: Einzelkämpfer der WASG trotzen ihrer Bundesspitze

Abgesetzter Landesvorstand hält an Wahlantritt fest Dafür will man notfalls gegen die eigene Partei klagen

Von Verunsicherung oder Ärger über die Entmachtung zwei Tage zuvor keine Spur. „Wir lassen uns nicht unterkriegen“, sagt Parteisprecher Gerhard Seyfarth am Montagvormittag munter und kampfeslustig. Es scheint, als sei die Berliner WASG-Spitze immer dann in ihrem Element, wenn den Linksauslegern der Wind frontal ins Gesicht weht.

„Wir werden für unser Recht kämpfen“, sagt auch Lucy Redler, Mitglied im Landesvorstand der Berliner Wahlalternative. Sie ist die Wortführerin des Anti- PDS-Kurses der Berliner WASG. Eigentlich wollte die 26-Jährige als Spitzenkandidatin der Landes-WASG vor allem gegen PDS und SPD in den Abgeordnetenhaus-Wahlkampf ziehen. Das ist jetzt fraglich geworden, nachdem Redler und ihre Mitstreiter am Wochenende formal vom Bundesvorstand abgesetzt wurden. Ein Bundesparteitag hatte Ende April die WASG-Spitze ermächtigt, „alle Maßnahmen zu prüfen und gegebenenfalls zu ergreifen“, um einen Alleingang der Landesverbände gegen die PDS abzuwenden.

Bislang scheint das Redler nicht zu irritieren. „Wir haben am Montagmorgen die benötigten 3000 Unterschriften beim Landeswahlleiter eingereicht“, sagt sie sachlich. Damit seien für den Wahlantritt alle Formalitäten erfüllt. Ihre Entmachtung durch die Bundesparteispitze, von der sie bisher nur über die Medien erfahren habe, sieht sie als Versuch, „unliebsame politische Positionen durch Sanktionen aus der Partei rauszudrängen“. Den Vorwurf der Bundesspitze, Redler und ihre Vorstandskollegen gefährdeten mit dem Beharren auf ihrem Anti-PDS-Kurs die Zukunft der Partei und verstießen gegen deren Grundsätze, weisen die Rebellen zurück.

Redler sieht die Schuld stattdessen bei ihrem Bundesvorstand und bei der Linkspartei/PDS. Laut WASG-Programm dürfe man sich nicht an Regierungen beteiligen, die Sozialabbau betrieben. Daher könne die WASG in Berlin mit der PDS keine gemeinsame Sache machen, wie es die Bundespartei gerne hätte, sagt Redler mit Bezug auf den Verkauf landeseigener Wohnungen und die Umsetzung von Ein-Euro-Jobs durch den Senat.

Jetzt wollen die Berliner WASG-Oberen juristisch dafür kämpfen, dass ihre Wahlanzeige nicht einfach wie geplant vom WASG-Bundesvorstand und dessen Bevollmächtigten zurückgezogen werden kann. Am Montag noch wollte ihr Anwalt Hajo Ehrig das Bundesschiedsgericht der Partei anrufen. Der Anwalt zeigte sich überzeugt davon, dass der für die Entmachtung der Berliner angeführte „schwerwiegende Verstoß gegen die Grundsätze der WASG“ nicht haltbar ist.

Der nächste Schritt in diesem „einmaligen Vorgang in der Parteiengeschichte“ (Ehrig) dürfte dann sein, dass die Landespartei ordentliche Gerichte zur Hilfe ruft, zunächst das Landgericht. „Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen“, sagt Ehrig, der eine Kanzlei mit den Grünen-Politikern Renate Künast und Wolfgang Wieland betreibt, selbst aber parteilos ist. Gleichzeitig setzt Berlins WASG- Führung ihre Hoffnungen auf den Landeswahlleiter und den aus Vertretern aller Parlamentsparteien bestehenden Landeswahlausschuss. Der entschiedet am 1. Juni, ob die WASG zur Wahl zugelassen wird oder nicht. Sollte bis dahin neben der Wahlanzeige des Berliner WASG-Vorstandes auch eine Erklärung des von der Bundesspitze benannten Bevollmächtigten eingehen, würden zur entscheidenden Sitzung im Zweifel Vertreter beider verfeindeter Gruppen eingeladen, sagt Geert Baasen, Leiter der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters.

Seinen kämpferischen Kurs will Berlins WASG-Vorstand heute auf einem Landesparteitag erneut bestätigen lassen. Dort dürften wie bisher die Befürworter des Anti-PDS-Kurses eine Mehrheit haben.

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