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Hey, wir wollen die Tonja sehen. Und genau das haben die Eisbären am Dienstag auch getan.

© Tierpark Berlin

Eisbären-Baby in Berlin: "Die Überlebenschancen sind nicht besser geworden"

Es ist wohl nur noch eins der beiden im Tierpark geborenen Eisbärenjungen am Leben. Es entwickelt sich dank Mutter Tonja und trotz Risiken prächtig.

Von Sandra Dassler

Sie passt auf, dass ihr Kleines bequem liegt und gut an ihrer Brust saugt, putzt ihm den kleinen Po sauber, wärmt es auf ihrem dicken Fell – Eisbärin Tonja, die zum ersten Mal Mutter wurde, macht ihre Sache instinktiv richtig. "Sie hat sich im Gegensatz zu Tosca, der Mutter von Eisbär Knut, von Anfang an um ihre beiden Kinder gekümmert", sagt Zoo- und Tierparksprecherin Christiane Reiss. Tosca hatte ihre im Dezember 2006 geborenen Zwillinge nicht angenommen. Tierpfleger Thomas Dörflein zog Knut von Hand auf, Knuts Bruder starb wenige Tage nach der Geburt.

Auch das Geschwisterchen von Tonjas Jungtier ist wohl etwa fünf Tage nach der Geburt gestorben. Jedenfalls wurde es seit dem Tag 5 nicht mehr gesehen. Wie berichtet hatte der zuständige Kurator Florian Sicks das Videomaterial mehrerer Tage aus der Wurfhöhle gesichtet. Bei jeder Drehung von Tonja hielt er Ausschau nach dem zweiten Jungtier, aber es war offensichtlich nicht mehr da. "Es kann an einer Infektion gestorben sein oder nicht genug Milch bekommen haben", sagt Florian Sicks. "Tonja kann es aus Versehen erdrückt haben oder es war von Anfang an zu schwach, um am Leben zu bleiben – wir werden es nie erfahren."

Denn wenn Tiere aus dem Wurf sterben, werden sie meist von der Mutter gefressen. "Das klingt schrecklich grausam", sagt Tierparksprecherin Christiane Reiss: "Aber es ist völlig natürlich. Würden wild lebende Eisbärinnen ihre gestorbenen Kinder nicht fressen, würden die Kadaver nach kurzer Zeit andere Bären anlocken. Das überlebende Kind wäre dadurch in höchster Gefahr."

In dieser Höhle zieht Bärin Tonja derzeit ihr Jungtier groß. Um eine echte Webcam zu installieren, fehlt dem Tierpark das technische Equipment.
In dieser Höhle zieht Bärin Tonja derzeit ihr Jungtier groß. Um eine echte Webcam zu installieren, fehlt dem Tierpark das technische Equipment.

© Tierpark Berlin

"Die Überlebenschancen sind nicht besser geworden"

Für männliche Eisbären, die keine Winterruhe halten, sind ihre neugeborenen Artgenossen ein Leckerbissen, sie fressen aber auch ältere Jungtiere. Deshalb wird Wolodja mindestens zweieinhalb Jahre auf die nächste Paarung mit Tonja warten müssen. Die zieht so lange ihr Kind groß und hält sich fern von allen Artgenossen. Selbst Aika, die mit 36 Jahren älteste gefangene Eisbärin der Welt, die ebenfalls im Tierpark lebt, könnte dem Kleinen gefährlich werden.

Auch Störungen von außen wären jetzt äußerst schlecht, sagt Kurator Florian Sicks: "Für den kleinen Bären sind die Überlebenschancen durch den Tod des Geschwister-Tieres nicht besser geworden. Aber auch nicht schlechter. Es wäre fast schon ein kleines Wunder, wenn ein Tier groß würde. Denn Tonja ist – wie gesagt – eine Erstgebärende." Damit Mutter und Kind nicht gestört werden, hat der Tierpark eine Sicherheitsfirma beauftragt, darauf zu achten, dass niemand stört. Auch Pfleger werden wohl erst in ein paar Wochen vorsichtig Kontakt aufnehmen. "Das Go dafür gibt uns Tonja selbst", sagt Christiane Reiss: "Je nachdem, wie sie reagiert, werden auch wir reagieren." In ein paar Tagen könnte man beispielsweise mal ganz vorsichtig einen Schlüssel in der Türöffnung drehen. "Wenn Tonja dann unruhig wird, warten wir weiter", sagt Reiss: "Ziel ist, dass der oder die Kleine groß wird. Und nicht die Vermarktung."

Tierpark will Öffentlichkeit mit Bildern und Videos informieren

Immer wieder erreichen den Tierpark Anfragen, warum man in der Bärenhöhle keine Webcam wie im Storchennest anbringt. "Dafür fehlen schon die technischen Voraussetzungen", sagt Christiane Reiss: "Außerdem gibt es so vieles, was im Tierpark dringend getan werden muss, da gelten erst mal andere Prioritäten." Man werde aber die Öffentlichkeit mit Bildern und Videos informieren. Wenn alles gut geht, können Mutter und Kind etwa zu Frühlingsbeginn erstmals die Höhle verlassen. Ob Wolodja dann im Tierpark bleiben oder anderswo Nachwuchs zeugen kann, ist noch unklar. Solche Entscheidungen fallen in Zusammenarbeit mit anderen Tierparks.

Aber erst einmal muss das kleine Berliner Eisbärenjunge, von dem man noch nicht weiß, ob es weiblich oder männlich ist, die nächsten Tage und Wochen überstehen. Viele Besucher erkundigen sich schon jetzt nach ihm. Die Vorfreude können sie sich unter anderem mit dem am Neujahrstag geborenen Elefantenbaby Edgar und dem etwas älteren, aber ebenso putzigen Panzernashorn-Jungen Thanos versüßen. Oder am heutigen Sonntag zum letzten Mal in diesem Jahr die sehenswerte Flugshow von Falknern mit ihren Geiern und Uhus bewundern: 13.30 Uhr auf der Freilichtbühne – ganz in der Nähe der Eisbären.

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