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Vor einem Jahr wurden in einem Zoo in Russland einige Eisbären geboren. Ein Bär aus diesem Wurf kommt nun nach Berlin.

© dpa

Eisbärjunges im Tierpark: Wie heißt der neue Knut?

Am Freitag ist das neue Eisbärjunge im Tierpark erstmals zu sehen. Ein Stadtereignis. Doch spielen soll der Kleine nicht. Über seinen Namen wird noch spekuliert.

Das wird kein Spaziergang für den Neuen. Zoodirektor Bernhard Blaskiewitz, der ihn geholt hat, formuliert sehr präzise, welche Ansprüche er an den jungen Eisbären stellt: „Zum Spielen ist er jedenfalls nicht hier“. Ein unsentimentaler Ansatz, der die Situation klarstellt. Hier soll gezüchtet werden auf Knut komm raus, Tonia wartet schon in Friedrichsfelde, und wenn am Ende wieder ein kleiner Knuddelbär entstanden ist, gilt der Auftrag als erfüllt. Blaskiewitz muss den absehbaren Rummel nicht mehr ertragen, denn dann ist vermutlich längst sein Nachfolger im Amt.

Auch die Ankunft des noch namenlosen Hoffnungsträgers aus dem Moskauer Zoo am 8.August verlief eher diskret: Kiste auf, Bär raus, so muss man sich das wohl vorstellen, denn dabei war außer den Zoo-Mitarbeitern niemand, und die verraten gegenwärtig nur, er lebe sich halt ein.

Berlin und seine Bären – das ist immer eine heikle Sache. „Der Berliner Bär ist seit 1280 das Wappentier Berlins und schmückt bis heute das Wappen Berlins“, weiß Wikipedia – er hat also die Last der Stadtgeschichte über die Jahrhunderte geschleppt, allerdings lange kontrolliert vom herrischen brandenburgischen Adler, der immer in der Nähe war, sich aber nicht so zum Kuscheltier eignet. Doch was heißt schon Kuscheltier: Die Distanz zwischen scheinbarer Niedlichkeit und tatsächlich raubtierhafter Aggression macht ja in Wirklichkeit den Reiz dieser Tiere aus. Die beiden recht schlanken Exemplare auf dem Siegel der Berliner Kürschner von 1280 wirken auch eher wie Bodyguards, Erfüllungsgehilfen der städtischen Obrigkeit.

Erst im 19.Jahrhundert konnte sich der Bär als Single von der Herrschaft des Adlers und wild und zottelig seine Karriere als weltweit bekanntes Wappentier antreten, unangefochten von jeglichen politischen Verwerfungen: Lebendig in Zoo und Zwinger, symbolisch in jeder nur erdenklichen Form vom Schlüsselanhänger bis zum Plüschgiganten, auch in Gestalt der bunten, nicht immer geschmackssicher illustrierten Buddy-Bären.

In der Zeit des Kalten Kriegs wurde der Berliner Bär (West) sogar zur besonderen politischen Einheit. In der Gestalt eines Meilensteins, die ihm die Bildhauerin Renée Sintenis verliehen hatte, wurde er zu Mahnungszwecken an den Bundesautobahnen aufgestellt. Alle 100 Kilometer, das war der Plan, den sich der Verleger und Berlin-Beauftragte der Bundesregierung, Gerd Bucerius, 1954 ausgedacht hatte; dazu kam es allerdings nie.

Immerhin gab es wohl mehr dieser Meilensteine als lebende Bären in der Stadt. Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war der 17.August 1939, als Urs, Lotte, Jule und Vreni den neuen Zwinger am Köllnischen Park bezogen.

Bis auf Lotte kamen alle im Krieg um, und ab 1949 errichteten Nante und Jette eine neue Bären-Dynastie, von der heute nur noch Maxi und Schnute übrig sind. Zum Ärger vieler Tierschützer bleiben sie in der veralteten Anlage und warten auf ihren Tod.

Das Berliner Wappentier ist nach modernen Vorstellungen kaum noch artgerecht zu halten. Auch der Versuch, mit chinesischen Pandabären eine Alternative zu finden, darf als Randnotiz der Stadtgeschichte und als gescheitert gelten.

Doch das wird die Berliner in ihrer Bärenliebe nicht stören. Sollte es mit den beiden russischen Importen nicht klappen, bleibt immer noch eine reiche symbolische Präsenz. „Hey, wir wolln die Eisbärn sehen“, das wird in allen Bierzelten gesungen. Dass es dabei eigentlich um Eishockey geht, nehmen wir einfach mal nicht so genau.

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