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Berlin: „Eisbein ist mein Lieblingsgericht“

Der Weddinger Stephan S. ist ein notorischer Zechpreller Statt zum Prozess ging der 160-Kilo-Mann gestern lieber ins Restaurant

Die deftige Küche hat es Stephan S. angetan. „Eisbein ist mein Lieblingsgericht“, schwärmt er. Da saß der 160-Kilo-Mann gestern gemütlich in einem Lokal in der Weddinger Gerichtsstraße. Dabei wartete nicht weit entfernt im Amtsgericht Tiergarten ein Richter auf ihn. Auf dessen Tisch liegen inzwischen 14 Anklagen: Stephan S. ist demnach ein notorischer Zechpreller. Über 30 Mal soll er im letzten Jahr gut gespeist, aber nicht bezahlt haben.

„Ich konnte nicht zum Prozess, habe ein Furunkel am Gesäß und kann nicht lange sitzen“, entschuldigte der 41-jährige Hüne sein Fehlen beim Prozess. Seine „Gratis-Essen“ geht er methodisch an: „Immer Vorspeise, Hauptgang, Nachspeise.“ Und dazu Cola, mal einen Edelzwicker, meistens Kaffee und Zigaretten. „Die Spitzenrechnung lag bei 80 Euro“, sagt der Weddinger Zechpreller.

Nach seiner eigenen Schätzung hat er wohl 35 Mal nicht bezahlt. „Manchmal war ich schneller als der Kellner und habe mich rausschleichen können.“ Meistens aber erklärte S. nach stundenlanger Völlerei seelenruhig: „Hat alles gut geschmeckt, aber Geld habe ich nicht.“ Satt und friedlich wartete er dann auf die Polizei. Und war er nach dem üppigen Mahl müde, trickste er die Beamten aus und behauptete: „Mein Ausweis ist zu Hause.“ Stieg er vor der Haustür aus dem Polizeiauto, zog er das Dokument aus der Tasche und bedankte sich für die Fahrt.

Kein böser, sondern ein armer Mensch sei er, seufzt Stephan S. Er, ein gelernter Berufskraftfahrer, sei nämlich auf Grund verschiedener Erkrankungen erwerbsunfähig. Und in der Küche sei er nun einmal eine Niete. „Ich koche grausam.“ Jetzt befürchtet er, dass ihm der Richter „Haftmenü“ verordnen könnte. Um den nächsten Prozesstermin jedenfalls wird sich der Zechpreller nicht drücken können: Der Richter hat gestern Haftbefehl gegen Stephan S. erlassen.

Kerstin Gehrke

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