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Foto: Andreas Klaer

© Andreas Klaer

Eisenbahner mit Herz: Dürfen wir vorstellen: Brandenburgs beliebtester Schaffner

Wie Heiko Schmidt-Dworschak aus Werder zu Brandenburgs beliebtestem Schaffner wurde und für Freude im Zug sorgt.

Dieser Schaffner hat sogar eine Fan-Seite im sozialen Netzwerk Facebook. „Er ist der einzige Grund, warum ich überhaupt noch DB benutze“, schreibt dort jemand: „Sehr guter Mann ... es sollte ein Zug nach ihm benannt werden!“ Und: „Hatte gerade wieder die Ehre, von meinem Lieblingszugbegleiter chauffiert zu werden.“ Was macht Heiko Schmidt-Dworschak, dass er so beliebt ist? „Eigentlich nichts Besonderes, ich bin nur freundlich“, sagt der Eisenbahner, der in Werder (Havel) wohnt. Und der als einziger Brandenburger schon drei Mal für die deutschlandweite Auszeichnung „Eisenbahner mit Herz“ nominiert war, aber nie gewonnen hat. Vermutlich weil er noch nichts Spektakuläres getan hat, sagt er selber.

Er ist eben einfach nur charmant und macht seinen Job.

Seit Kurzem fährt Brandenburgs beliebtester Eisenbahner auf der Linie RB 21. Zum Dienstantritt am Potsdamer Hauptbahnhof kommt Heiko Schmidt-Dworschak mit Köfferchen und Rucksack. „Der Koffer ist mein rollendes Büro, mit Fahrscheinrollen, EC-Gerät, Warnweste, Erste-Hilfe-Päckchen. Im Rucksack sind Stullen und die Thermosflasche mit Kaffee“, sagt der Schaffner.

Sein Markenzeichen ist seine Stimme

Das Uniformhemd ist jetzt im Sommer kurzärmelig, in Beamtensprache mit „Trageerleichterung“. Auf die Mütze würde er allerdings nie verzichten. „Ich glaube, ich bin der einzige meiner Kollegen, der sie noch trägt“, sagt Schmidt-Dworschak. Und, nein, darunter sei keine Glatze, wie manche seiner Fans spekulieren. In seiner Gänze schaut er aus wie ein Bilderbuchschaffner.

Markenzeichen ist aber vor allem seine Stimme. An der erkennen ihn regelmäßige Pendler sofort. Wenn Schmidt-Dworschak einen erfolgreichen Tag oder angenehmen Aufenthalt wünscht, dann ist das schon etwas Besonderes. Es sei vorgekommen, dass manche erstaunt waren, als sie die Person, die zur Stimme gehört, sahen: „Ach Sie sind das?“ Schmidt-Dworschak nimmt das mit Humor. „Ich bin eben kein Brad Pitt“, sagt er.

Im Zug verschwinden Koffer und Rucksack im Zugführerabteil. Dann macht sich Schmidt-Dworschak auf zur Fahrscheinkontrolle.

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Jeder Gast wird mit einem „Guten Tag“ begrüßt. Viele Pendler kennt er mittlerweile. Wenn im sonst vollen Vierer-Abteil nur drei sitzen, dann erkundigt er sich schon mal nach dem fehlenden Mann. „Der hat Urlaub? Er hat sich gar nicht bei mir abgemeldet“, sagt er dann.

Es kommt auch vor, dass er auf jemanden wartet, der in letzter Minute angerannt kommt, weil er weiß, der muss noch mit. Und wenn jemand seine Monatskarte vergessen hat, kann der Schaffner auch mal ein Auge zudrücken. „Ich sage dann, zeig sie mir morgen.“ Für kleine Kinder hat Heiko Schmidt-Dworschak viel übrig. Sie bekommen eine bunte Kinderfahrkarte, die sie mit der Zange selber abstempeln dürfen, wenn sie vorher eine Frage beantworten, etwa welche Farbe der Zug hat.

Die Freundlichkeit ist gut für alle Beteiligten. Aus den angenehmen Begegnungen nimmt Schmidt-Dworschak Energie mit für Stresssituationen oder meckernde Kunden.

Modelleisenbahnen gibt es beim beliebtesten Schaffner nicht im Keller

Denn die gibt es auch. Irgendwie kann er sogar verstehen, dass sie ihren Unmut über Verspätungen und andere Probleme an ihm auslassen. „Ich kann zwar meist nichts dafür, aber ich bin dazu da, Lösungen zu finden, wenn was schief läuft“, sagt er. Damit schlechte Stimmung gar nicht erst entsteht, ist es wichtig, die Kunden rechtzeitig über Unvorhergesehenes zu informieren, nicht erst im Ungewissen zu lassen. Wenn der Zug also vor Griebnitzsee im Nirgendwo wartet, hilft eine kurze Ansage über das Warten hinweg.

In Griebnitzsee hat der Zug kurz Aufenthalt, der Schaffner sieht in den leeren Abteilen nach dem Rechten, sammelt Müll und Fundsachen ein, füllt das Infomaterial der Bahn auf. Und hat vielleicht noch Zeit für ein Eis vom Eismann am Bahnsteig. Um 13.30 Uhr hat seine Schicht begonnen, neun Stunden wird er unterwegs sein. Es geht auch länger, Eisenbahnerberufe sind nicht familienfreundlich. Schmidt-Dworschak ist trotzdem verheiratet, der bald 44-Jährige hat zwei große Töchter und einen kleinen Hof mit Tieren – sein Ausgleichshobby. Aber keine Modelleisenbahn im Keller. „Ich trenne Beruf und Privates. Sollte ich mal einen schlechten Tag haben, dann geht das den Kunden nichts an.“

Gerne wäre Heiko Schmidt-Dworschak Kindergärtner geworden. Aber das war in der DDR nicht möglich. So hielt er sich an die Familientradition. Der Uropa war in Berlin S-Bahn-Fahrer, Oma und Mutter ebenfalls bei der Bahn beschäftigt. Schmidt-Dworschak wurde Facharbeiter für Eisenbahnbetrieb. Eine Zeitlang begleitete er auch Fernzüge, aber das Regionale ist ihm lieber. „Ich liebe meine Stammgäste“, sagt er, „und man ist abends zu Hause und nicht sonst wo.“

Wer Zugbegleiter werden will, sollte gut auf Menschen zugehen, mit Stress umgehen können und ein bisschen das Vagabunden-Gen in sich tragen. Die Bahn sucht immer wieder Azubis. Aktuell auch 1200 Lokführer, sagt Schmidt-Dworschak mit aufblitzenden Augen. Lokführer, das wäre noch was, falls er sich doch mal verändern will. Dann muss er los, damit es keine Verspätung gibt. Einmal, das muss er noch erzählen, hatte er sich mit ein paar Frauen auf dem Bahnsteig verquatscht und der Zug fuhr an. Die Bahnsteigdurchsage rettete ihn: „Anhalten, Schmitti ist nicht drin!“

Steffi Pyanoe

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