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Berlin: Eltern wollen Lehrer-Karussell stoppen

Schöneberg/Mitte. Ausnahmezustand an der Werbellinsee-Grundschule: Aufgebrachte Eltern blockierten am Mittwoch alle Türen, um gegen die Versetzung einer Klassenlehrerin zu protestieren.

Schöneberg/Mitte. Ausnahmezustand an der Werbellinsee-Grundschule: Aufgebrachte Eltern blockierten am Mittwoch alle Türen, um gegen die Versetzung einer Klassenlehrerin zu protestieren. Auch an anderen Grundschulen wächst der Widerstand gegen den Abzug von Fachlehrern zugunsten von Oberschulen. Eltern der Arkona-Grundschule marschieren heute zur Außenstelle des Landesschulamtes in Wedding.

Wie berichtet, müssen die Grundschulen nächstes Schuljahr rund 200 Fachlehrer abgeben, weil an den Oberschulen Lehrer fehlen. Sie bekommen dafür Überhanglehrer aus dem Ost-Teil. Offenbar trifft das Landesschulamt nicht immer die richtige Auswahl bei diesem „Personalkarussell“. So sind die Eltern der Werbellinsee-Grundschule empört, weil ihre Erstklässler die Klassenlehrerin verlieren sollen. „Das ist ein Vertrauensbruch für die Kinder“, befindet Peter Hallberg, der mit anderen Eltern die Schule blockierte und anschließend bei Landesschulrat Hansjürgen Pokall gegen die Vorgehensweise des Landesschulamtes protestierte.

Auch Schulleiterin Ellen Hansen hat wenig Verständnis dafür, wie das Landesschulamt mit den Kindern umgeht. Und sie vermisst den „Sachverstand bei der Personalpolitik“. Schließlich habe die Lehrerin, die künftig an einer Gesamtschule Latein unterrichten soll, dieses Fach noch nie erteilt.

Frau Hansen verweist auf ein weiteres Problem: Die Methoden beim Alphabetisieren variieren sehr stark. Sie hält es für wenig wahrscheinlich, dass die neue Klassenlehrerin dieselbe Methodik verwendet wie die bisherige. Auch deshalb lehnt sie die Schulamtsentscheidung ab. Peter Hallberg, der Erstklässler-Vater, ist aber noch aus einem weiteren Grund fassungslos über den Umgang mit den Kindern. Er stammt aus Schweden und ist mit dem dortigen Schulsystem bestens vertraut. „In Schweden wäre so eine Vorgehensweise unmöglich“, steht für ihn fest. Er verweist auf das gute Abschneiden des skandinavischen Landes beim Pisa-Test. Dort seien die Lehrer keine Beamten, sondern bei ihrer Schule angestellt. Dass eine übergeordnete Behörde einer Schule einen guten, unersetzbaren Lehrer einfach wegnähme, sei undenkbar.

Dies gibt auch Pokall zu. Allerdings verweist er darauf, dass schwedische Lehrer einfach gekündigt werden könnten, wenn sie ihre Arbeit nicht gut machten. Mit diesem Risiko müssten Berliner Lehrer nicht leben. Im Übrigen gibt er zu, dass es ungünstig ist, eine Lehrerin nach der ersten Klasse abzuziehen. Er wollte den Vorgang „prüfen lassen“. Zu prüfen hat das Landesschulamt aber wohl noch ein paar andere Dinge. So berichtet Kerstin Rauch, deren Kind die Arcona-Grundschule in Mitte besucht, dass die Drittklässler ihre Klassenlehrerin verlieren sollen. Sie soll an einer Gesamtschule Physik unterrichten, was sie wohl studiert, aber ebenfalls nie unterrichtet habe. Für die Klasse wäre es der dritte Klassenlehrerwechsel, zudem haben sie bereits als Erstklässler eine Schulschließung und eine Klassenauflösung ertragen. Die jetzige Lehrerin hatte die daraus resultierenden Probleme gerade in den Griff bekommen.Susanne Vieth-Entus

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