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Berlin: Empörung über Lea Rosh

Einen Tag nach der feierlichen Eröffnung des Holocaust-Mahnmals gibt es Streit um die Idee der Initiatorin, einen Backenzahn in eine Stele einzulassen

Albert Meyer, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, ist empört. „Sollte dies geschehen, so müssen wir Juden überlegen, ob wir diesen Ort überhaupt betreten können“, sagte Meyer. Die Absicht der Holocaust-Mahnmal-Initiatorin Lea Rosh, den Backenzahn eines ermordeten Juden in eine der Stelen einzulassen, ist für Meyer vollkommen inakzeptabel. Nach dem jüdischen Gesetz dürften Leichen von Juden und auch Leichenteile nur auf jüdischen Friedhöfen bestattet werden. Das Mahnmal dürfe nicht zu einem Reliquienschrein werden.

Lea Rosh hatte am Ende ihrer Rede, die sie am Dienstag bei der Eröffnungsfeier hielt, einen Backenzahn gezeigt. Sie habe diesen Zahn vor 17 Jahren bei ihrem Besuch des Vernichtungslagers Belzec im Sand gefunden. Er sei die Initialzündung für das Denkmal gewesen, sagte Rosh. Seitdem trage sie ihn immer bei sich. 17 Jahre lang hat Rosh zusammen mit dem Förderverein für das Denkmal gekämpft.

Mit Architekt Peter Eisenman habe sie vereinbart, dass er ihr in einer Stele einen Platz für den Zahn und für einen gelben Stern einräumt. Diesen Stern musste eine Jüdin während der Nazi-Herrschaft tragen. Die Tochter der Frau habe ihr das Stoffstück gegeben. Die Kritik aus der jüdischen Gemeinde kann Lea Rosh nicht nachvollziehen. „Mein Wunsch steht in Einklang mit dem jüdischen Gesetz. Ich habe mich vorher informiert“, sagte sie. Außerdem sei der Plan mit Peter Eisenman und ihrem langjährigen Mitstreiter, dem Historiker Eberhard Jäckel, abgestimmt. Diese hätten daran ebenso wenig Anstoß genommen wie ihre jüdischen Freunde. Trotz der Kritik sehe sie nicht ein, warum sie ihre Absicht aufgeben sollte. Schließlich habe ihr Rabbiner Yitzhak Ehrenberg von der Jüdischen Gemeinde Berlin bestätigt, das sie damit nicht gegen jüdische Gesetze verstoße.

„Es stellt kein halachisches Problem dar, einen Zahn in einem Stein zu verbergen“, schrieb Rabbi Ehrenberg gestern an Lea Rosh. Die Halacha ist das jüdische Gesetz. Danach müsse die Leiche eines Menschen auf einem jüdischen Friedhof beerdigt werden, sagte Rabbi Ehrenberg. Das gelte aber nur für eine vollständige Leiche oder große Leichenteile. Bei einem einzelnen Zahn brauche es nicht unbedingt einen jüdischen Friedhof. Hierbei müsse lediglich sichergestellt sein, dass der Zahn nicht in irgendeiner Weise benutzt werden kann. Juden dürfen auch keine Organe spenden. Selbst wenn der Zahn in der Stele verborgen sei, sei er ein Ausstellungsstück und habe damit sehr wohl einen Nutzen, entgegnet Rabbi Chaim Rozwaski von der Jüdischen Gemeinde.

Die Denkmalstiftung war überrascht von Lea Roshs Vorschlag. „Ich habe erst im Festzelt davon erfahren“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung. Mehr wollte er dazu nicht sagen.

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