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Berlin: Ende einer Affäre

Im Tempodrom-Untersuchungsausschuss stehen die letzten Sitzungen an. Was blieb von den Vorwürfen gegen die Verantwortlichen?

„Die Häuptlinge sind draußen, jetzt wendet man sich den Indianern zu“ – so kommentierte ein Mitglied des Tempodrom-Ausschusses den jüngsten Rückzug der Staatsanwaltschaft. Die Ermittler hatten wie berichtet zu Wochenbeginn ein weiteres Verfahren gegen den Ex-Senator Peter Strieder (SPD) sowie die früheren CDU-Staatssekretäre Hugo Holzinger und Volker Liepelt sowie weitere zwölf Beschuldigte eingestellt, zugleich aber die Ermittlungen gegen vier Verwaltungsbeamte ausgeweitet, die im Jahr 2000 an der Landesbürgschaft für den Kulturbau beteiligt waren. Gestern gab die Generalstaatsanwaltschaft dies offiziell bekannt.

Auch im Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses kommen nach den politischen „Häuptlingen“ nun die „Indianer“ dran. In den verbleibenden fünf Sitzungen vor Abschluss der politischen Ermittlungen sind vor allem Verwaltungsmitarbeiter, Architekten, Bankvertreter und Baufachleute geladen, die erklären sollen, warum der Bau so außer Kontrolle geriet, dass er zur Affäre wurde.

Vom politischen Führungspersonal stehen Senatskanzleichef André Schmitz, Ex-Wirtschaftssenator Gregor Gysi sowie Finanzsenator Thilo Sarrazin auf der Zeugenliste. Danach machen sich die Parlamentarier an den Abschlussbericht. Irene Moessinger, Tempodrom-Gründerin und kürzlich unfreiwillig aus dem Veranstaltungsgeschäft ausgestiegen, wird vor dem Ausschuss wohl nicht mehr sprechen: Wegen der weiterhin gegen sie laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen verweigert sie die Aussage.

Die Grünen – mit FDP und CDU schärfste politische Ankläger – stellten am Donnerstag bereits ihre vorläufige Bilanz vor. Haushaltspolitiker Oliver Schruoffeneger sieht die politische Verantwortung für das knapp 33 Millionen teure Tempodrom-Desaster nach wie vor bei Peter Strieder. Der ehemalige SPD-Chef und Stadtentwicklungssenator hatte den Bau auch gegen Widerstände in der eigenen Landesregierung unterstützt und war wegen der Tempodrom-Affäre von beiden Ämtern zurückgetreten.

„Strieders politischer Wille jenseits von Zuständigkeiten und Kompetenzen wurde von einer willfährigen Verwaltung unterstützt, deren Struktur und Mentalität es faktisch unmöglich gemacht hat, rechtzeitig Warnsignale zu erkennen und die daraus notwendigen Konsequenzen zu ziehen“, fasste Schruoffeneger seine Erkenntnisse zusammen.

Die Grünen sehen das Tempodrom als Musterbeispiel dafür, wie von den zahllosen beteiligten Verwaltungen und Prüfern niemand die Verantwortung wahrnahm, vor den wirtschaftlichen Risiken des Projekts zu warnen. Deswegen fordern sie weitgehende Verwaltungsreformen, durch die künftig mehr Verantwortungsbewusstsein und mehr Informationsaustausch gewährt werden sollen.

Einen aktuellen Fall von Verschleierung werfen die Grünen der Stadtentwicklungsverwaltung von Strieders Nachfolgerin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vor. Die weigert sich laut Schruoffeneger, Informationen herauszugeben, die der Ausschuss benötigt, um eine Stellungnahme der EU-Kommission zum Tempodrom zu bekommen. Die Verwaltung will sich dazu nicht äußern.

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