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Ende eines Serientäters: Todesfahrer raste sich selber tot

Der mutmaßliche Todesfahrer vom Potsdamer Platz ist tot. Ibrahim O. war seit Wochen im Visier der Ermittler. Nun ist er mit seinem Bruder Bilal am Wochenende in Mahlow auf der Flucht vor der Polizei gegen einen Baum gerast.

Der mutmaßliche Todesfahrer vom Potsdamer Platz ist am Wochenende selbst in den Tod gerast. Der 19-jährige Ibrahim O. war mit seinem Bruder Bilal (21) in der Nacht zu Sonntag in Mahlow (Kreis Teltow-Fläming) gegen einen Baum gerast. Beide waren zuvor an einem Drogerie-Einbruch am Zossener Damm beteiligt und wollten einer Polizeikontrolle entgehen. Von dem Unfallwagen, einem goldfarbenen Mercedes, blieb nur ein Haufen Schrott übrig.

Jetzt wurde bekannt, dass Ibrahim O. schon seit Monaten im Visier der Ermittler steht. Wie in einem Teil unserer gestrigen Auflage schon berichtet, soll er der flüchtige Fahrer sein, der am 18. Oktober am Steuer des 100 000 Euro teuren BMW Cabrio saß und am Potsdamer Platz den 77-jährigen Touristen Johannes K. aus Zwickau totfuhr. Der Fahrer hatte eine rote Ampel ignoriert und flüchtete nach dem Unfall.

„Es gab deutliche Hinweise dafür, dass er am Steuer saß, allerdings reichte es nicht für einen dringenden Tatverdacht und damit auch nicht für einen Haftbefehl“, sagte Justizsprecherin Simone Herbeth. Die Fahnder hatten unter anderem DNS-Spuren von Ibrahim O. in dem BMW gesichert. Auch soll eine Handy- Ortung ergeben haben, dass Ibrahim O. zur Tatzeit in der Nähe des Unfalls war. Warum all diese Spuren nicht reichten, um ihn sofort zu verhaften, wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Möglicherweise wollten die Ermittler die Ergebnisse der Rekonstruktion der Todesfahrt, die Anfang Dezember am Unfallort stattgefunden hatte, abwarten.

Ibrahim O. gehört zu einer libanesischen Großfamilie. Sowohl er als auch sein Bruder Bilal O. waren vorbestraft und standen beide auf der Intensivtäterliste der Staatsanwaltschaft (siehe nebenstehenden Text).

Wie berichtet, gestalteten sich die Ermittlungen nach dem tödlichen Unfall am Potsdamer Platz für die Beamten extrem schwierig: Über das Kennzeichen, das sich Zeugen gemerkt hatten, hatte die Polizei rasch den Halter des sichergestellten BMW ausfindig gemacht: Doch der 41-jährige Neuköllner Heiko H. – ein Hartz IV-Empfänger, der zudem Invalidenrente bezog – konnte glaubhaft machen, den Wagen nicht gefahren zu haben. Er sagte aus, den BMW an seinen libanesischen Freund Murat S. (Name geändert) verliehen zu haben. Danach begann für die Ermittler ein Verwirrspiel: Der 26-jährige Murat S., Mitglied der libanesischen Großfamilie O., gab wiederum an, ebenfalls zum fraglichen Tatzeitpunkt nicht mit dem BMW gefahren zu sein. Er habe sich auf einer arabischen Verlobungsfeier befunden und das Fahrzeug einem Verwandten überlassen. Dessen Namen muss er aber laut Gesetz nicht nennen, weshalb es an der Polizei lag, einem Tatverdächtigen die Todesfahrt nachzuweisen.

Die im BMW gefundenen DNS-Spuren und weitere Beweismittel reichten jedoch offenbar nicht aus, den 19-jährigen Ibrahim O. zu überführen. Auch wenn die Fahnder sich sicher sind, dass O. der Todesfahrer war, „muss das vor Gericht beweissicher und plausibel begründet werden“, erzählte ein Beamter.

Die mutmaßliche Todesfahrt des Ibrahim O. bleibt damit ungesühnt. Die Ermittlungen gegen ihn werden nun eingestellt, da „gegen Tote nicht ermittelt wird“, sagt Justizsprecherin Herbeth. Dennoch wird das Verfahren weiter fortgeführt. So werde auch Murat S. weiterhin als Beschuldigter geführt. „Es ist noch nicht alles aufgeklärt, und es wird auch geprüft, ob bei ihm eine Verantwortlichkeit liegt oder weitere Familienmitglieder in den Fall verstrickt sein könnten“, sagt Herbeth. Allerdings könne Murat S. die Aussage auch nach dem Tod seines Verwandten verweigern. „Als Beschuldiger muss er sowieso nicht aussagen“, erklärte die Sprecherin.

Was Heiko H. angeht, den Halter des BMW, so waren die Ermittler von Anfang an überzeugt, dass er das teure Cabrio nur als „Strohmann“ für den mehrfach straffälligen Murat S. angemeldet hat. Dem Hartz IV-Empfänger sollen Anfang Dezember die Sozialleistungen gestrichen worden sein.

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