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Endlagersuche: Brandenburgs potentielle Atommülleimer

Bund und Länder suchen derzeit nach geeigneten Atommüllendlagern - auch in Brandenburg. Ob Prignitz, Potsdam oder Werder: Die Auswahl, die Geologen in Betracht ziehen, ist groß. Ebenso wie die Bedenken der Anwohner potentieller Standorte.

Von Gorleben sind’s nur 17 Kilometer. Rauf auf die Kreisstraße, dann die L 258 lang, mit der Fähre über die Elbe und schon ist man in Brandenburg.

Der Weg ist kurz, die Sorge schon da. Nach Einschätzung von Experten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) kommen für ein Atommüllendlager auch unterirdische Gesteinsformationen in Brandenburg infrage – aber nicht nur im äußersten Nordwesten der Mark, nahe der Elbe bei Gorleben, sondern auch unter Potsdam und Umgebung. Auf einer Karte des BGR, die Bund und Ländern bei der Suche nach einer dauerhaften Lagerstätte helfen soll, sind die Flächen ausgewiesen. Brandenburg habe sich seit Jahren für eine bundesweite ergebnisoffene Standortsuche ausgesprochen, teilt Umweltministerin Anita Tack (Linke) mit. Jetzt gehe es erst einmal darum, Auswahl-Kriterien festzusetzen. Mehr wolle sie aber jetzt nicht sagen.

Aus der Region Potsdam gibt es bereits ersten Widerstand gegen mögliche Endlagerpläne, betroffen wären 200 000 Einwohner. „Die Proteste wären zahlreich“, sagt die Potsdamer Umweltdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos) und spricht von einem fatalen Signal.

Zum Eignungsgebiet würde auch ein Teil von Werder (Havel) gehören. Und Werders amtierende Bürgermeisterin Manuela Saß (parteilos) ist – „entsetzt“. „Wir würden uns mit allen Mitteln dagegen wehren.“ „Ein Endlager gehört aus meiner Sicht nicht in einen Kurort“, sagt der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Bad Belzig, Dietmar Hummel (FDP). Der Landrat von Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig (SPD), will sich nach eigenen Worten zwar mit lokalen Egoismen zurückhalten. „Ein Atommüllendlager in einer Region mit vier Millionen Betroffenen wäre aber vermutlich schwer vermittelbar“, so Blasig.

Die Bundesanstalt hält auch Gebiete im äußersten Westen des Kreises Havelland und bei Brandenburg/Havel für möglicherweise geeignet. Teile des Salzstocks von Gorleben, wo seit Jahren gegen ein Atomendlager gekämpft wird, erstreckten sich bis in die benachbarte Prignitz. Weitere „untersuchungswürdige“ Gebiete in Deutschland sehen die BGR-Experten nur noch im westlichen Mecklenburg-Vorpommern, in weiten Teilen Niedersachsens und in zwei Gebieten Baden-Württembergs.

Bei den potenziellen Lagerstätten handelt es sich entweder um unterirdische Steinsalz- oder Tonsteinformationen in einer Tiefe von 300 bis 1000 Metern. Ähnlich sieht das auch der Chef des brandenburgischen Landesbergamts, Klaus Freytag. Grundsätzlich seien die geologischen Voraussetzungen nicht bestechlich. Das Argument eines dichtbesiedelten Raumes werde aber „nicht ganz von der Hand zu weisen sein“.

Für besonders geeignet halten die BGR-Experten Steinsalz wegen der hohen Isolationseigenschaften für hoch radioaktive wärmeentwickelnde Abfälle. Auch Tonschichten besitzen aus Sicht des BGR günstige Barriereeigenschaften. Allerdings leitet Ton Wärme schlechter ab als Steinsalz. Zudem sind künstliche Hohlräume nicht stabil. Salz wiederum ist sehr gut löslich. Wasser oder Laugen könnten sich somit leichter einen Weg durch die Barriere bahnen. Bei den Gesteinsformationen in Brandenburg handelt es sich jedoch bis auf den Prignitz Bereich überwiegend um Tonschichten.

Nach Meinung von Grünenchef Benjamin Raschke darf sich Brandenburg bei der Suche nach einem geeigneten Standort nicht wegducken. „Ich halte es für einen großen Erfolg, dass jetzt bundesweit und ergebnisoffen gesucht wird.“ Die Frage, wo am meisten Menschen leben, dürfe keine Rolle spielen. „Ausschlaggebend dürfen einzig die geologischen Voraussetzungen sein.“ Auch Axel Kruschat, Landessprecher des Umweltverbands BUND, sagt: „Dass auch Potsdam mit in die Suche einbezogen ist, ist nur gerecht.“

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