zum Hauptinhalt

Berlin: Endlich daheim

Ein 59-jähriger Potsdamer hauste jahrelang in einem Wohnmobil. Jetzt wurde ihm dort herausgeholfen.

Potsdam - Es kam nicht zu früh Bewegung in die Sache. Am Morgen zeigte das Thermometer in seinem Wohnwagen acht Grad. Der Winter naht, doch Michael Dalchow sieht es gelassen. Die letzte Nacht in seinem „Fiat Liberty“ liegt hinter ihm, die letzte nach mehreren hundert, die der 59-Jährige in dem altersschwachen Wohnmobil zubrachte. Vor zweieinhalb Jahren dachte er, eine Wohnung in Potsdam werde er bald finden. Er sollte sich irren. Dann dachte er, einen Winter werde er in dem Wagen schon überstehen, doch aus einem wurden zwei. Ende August berichtete die Zeitung über das Schicksal des Mannes im Wohnmobil. Von da an ging alles ganz schnell.

„Ich bleibe noch“, sagte er den Leuten vom städtischen Wohnungsunternehmen Gewoba nach der Übergabe der Wohnungsschlüssel und des Mietvertrages. Als sie gegangen waren, feierte er mit der kleinen Flasche Bier, die er eigens dafür mitgebracht hatte, die eigenen vier Wände. Zwei Zimmer, erste Etage, Bad mit Wanne, Gasetagenheizung, kein Balkon, dafür ein schöner Garten hinterm Haus, ruhige Gegend, Gartenstraße in Babelsberg – Dalchow ist glücklich. Nach vielen Umzügen in seinem Leben will er endlich sesshaft werden. „Hier gehe ich nur noch raus mit den Füßen voran.“ Zwei Plastikstühle sind die ersten Möbel in seinem neuen Zuhause. Unmöbliert wird die Wohnung nicht bleiben, den Dalchow besitzt eine komplette Wohnungseinrichtung inklusive Sofa. Allerdings ist diese noch untergestellt in Rheinland-Pfalz, wo Dalchow ein Jahrzehnt lang eine feste Arbeit hatte. Noch heute trägt er eine Mütze seines alten Arbeitgebers „Lufthansa Technik Aero Alzey“. Den Transport der Möbel finanziert das Jobcenter. Dalchow musste Kostenangebote von drei Transportfirmen vorlegen. „Die werden die billigste nehmen, aber das soll mir egal sein.“

Nachdem die Zeitung berichtet hatte, wie Dalchow in einem Wohnmobil hauste, wurde ihm eine Sozialarbeiterin zur Seite gestellt. „Die hat ganz schön Welle gemacht“, sagt er bewundernd. Dennoch: „Man muss mich nicht an die Hand nehmen“, sagt Dalchow, „ich bin ja nicht auf den Kopf gefallen.“ Aber dass die Sozialarbeiterin sofort wusste, welche Stempel er sich wo abholen muss, fand er schon gut. Die Hilfe war freiwillig, Dalchow betont, dass er jederzeit zu der Sozialarbeiterin sagen kann, „das war es mit uns“. In den nächsten Tagen will Dalchow Rosen kaufen. Jede Frau – im Jobcenter, im Wohnungsamt –, die mithalf, ihn aus der Wohnungslosigkeit zu befreien, wird eine Blume erhalten. „Ein Dankeschön muss man übrighaben.“

Die eigene Wohnung bietet nun die Möglichkeit, auf Arbeitssuche zu gehen, schließlich ist er handwerklich geschickt. In der Wohnwagenzeit war das nicht möglich, „schon von der Körperhygiene her“. Jetzt kann Dalchow wann immer er will „in die Wanne hopsen oder duschen, das ist doch gleich ein ganz anderes Leben“. Seinen Fiat Liberty will er „aufpolieren und verkaufen“. Dalchow: „Der Wohnwagen hat seine Schuldigkeit getan. Für mich jedenfalls.“ Guido Berg

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false