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Berlin: Endstation Insolvenz

Am Bahnhof Papestraße mussten die Leute von Walter Bau einpacken. Jetzt soll eine neue Firma ran

„Wir haben das Ding aus der Erde gestampft, und das ist der Dank“, schimpfte der Vierzigjährige. Mit einem Kollegen kam er am Mittwoch kurz nach 13 Uhr auf die Großbaustelle Bahnhof Papestraße, um sich die „letzten Klamotten“ aus einem der weißen Büro- und Arbeitscontainer mit der Aufschrift „Walter Bau“ zu holen. „Wir sind insolvent, aber nicht arbeitslos“, trösteten sich beide.

Arbeit aber gibt es für sie und weitere 70 Kollegen auf der Großbaustelle des Bahnhofs Papestraße nicht mehr. Am Montag hatte der Vertreter von der Gewerkschaft Bau den Beschäftigten noch Mut gemacht, weiterzuarbeiten. Walter Bau habe hier einen Auftrag zu erledigen, und die Insolvenzmasse dürfe keinen Schaden erleiden. Aber am Dienstag erfuhren die Arbeiter dann, dass die Bahn den Vertrag gekündigt hat, so Knall auf Fall. Am Mittwoch früh holten sich die meisten schon ihre Sachen von der Baustelle. Und mittags waren von Walter Bau außer einem Polier nur noch die zwei Bauarbeiter aus Cottbus, die den Beton verschalt hatten, am Ort. Wie alle ihre Kollegen wussten sie nicht, was jetzt aus ihnen werden soll. „Erst mal geht es heim.“ Und sie blickten dabei noch einmal über das große Areal, auf dem sie fast vier Jahre lang Betonwände hochgezogen hatten, und das gestern so merkwürdig menschenleer wie eine Bauruine wirkte. Dirk Kuske von der IG Bau sprach von einer „Riesensauerei“. Es sei unverständlich, weshalb die Bahn ohne Not den Vertrag gekündigt habe. Es gebe noch das Bemühen, möglichst große Stücke der Firma Walter Bau, die Anfang Februar Insolvenz angemeldet hatte, zu erhalten. Für das Bauvorhaben rechnet man mit einer Verzögerung von ein bis zwei Wochen, ein neuer Generalunternehmer müsse sich erst mal mit den Kalkulationen vertraut machen, möglicherweise auch mit Vertragsbürgschaften rechnen. Walter Bau war mit zwei weiteren Bauunternehmen auf der Baustelle in einer Arbeitsgemeinschaft vereint. Diese Firmen wollten sich gestern nicht äußern, verwiesen auf die Bahn. „Wir sind verpflichtet, keine Auskunft zu geben“, teilte ein Firmenvertreter mit.

Bahnsprecher Heiner von der Laden sagte gestern nur, dass man den Vertrag mit Walter Bau gekündigt habe, um den „termingerechten Baufortschritt zu gewährleisten“. Die Einzelheiten auf der Baustelle müsse nun die Arbeitsgemeinschaft der Firmen klären. Der S- und Fernbahnhof soll Mitte 2006 fertig sein. Gegenwärtig erinnert die Baustelle stellenweise noch an ein unfertiges Autobahnkreuz, das Stahlskelett einer Halle ragt in die Höhe. Auf einem hohen Betondach steht weithin sichtbar ein großes blaues „W“ im gelben Kreis. An diesem Ort hat das Firmenzeichen seine Bedeutung endgültig verloren.

Christian van Lessen

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