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© Uwe Steinert

Energie: Klimaschutz von oben

Die rot-rote Koalition will Hausbesitzer zwingen, ihre Heizung teilweise auf erneuerbare Energie umzustellen. Die Wohnungswirtschaft protestiert.

Berliner Hausbesitzer müssen künftig wohl Solaranlagen auf dem Dach installieren, ihren alten Heizkessel durch einen Holzpellet-Ofen ersetzen oder die Räume mit Erdwärme heizen. Ausnahmen gibt es nur, wenn entweder nichts davon möglich ist oder das Haus statt dessen extrem gut wärmegedämmt wird.

Diese Vorschläge stehen im Entwurf für ein künftiges Berliner Klimaschutzgesetz, den Umweltstaatssekretär Benjamin Hoff (Linke) jetzt in einem Vortrag auf dem Fachkongress „Berliner Energietage“ beschrieben hat. Die Diskussion über das Konzept der Umweltverwaltung hat gerade erst begonnen – und dürfte für die rot-rote Koalition ungemütlich werden, weil die Wohnungswirtschaft bereits heftig protestiert.

Basis für den Entwurf ist ein zu Jahresbeginn in Kraft getretenes Bundesgesetz. Das schreibt den anteiligen Einsatz erneuerbarer Heizenergien zwar nur für Neubauten vor, erlaubt aber den Ländern ausdrücklich weiter gehende Regelungen. Auf die haben sich SPD und Linke zumindest im Grundsatz geeinigt: „Wenn man sich die neuesten Klimawandel-Prognosen und den immensen Handlungsbedarf im Gebäudebestand anschaut, kommt man daran nicht vorbei“, sagt SPD-Energieexperte Daniel Buchholz und zitiert einen entsprechenden Beschluss, den die Sozialdemokraten bereits im Januar gefasst haben. Umweltstaatssekretär Hoff verweist darauf, dass die Neubauquote in Berlin bei nur einem Prozent pro Jahr liege und sagt: „Der Gebäudebestand ist die größte Ressource, die wir haben.“ Ausnahmen sollten „so restriktiv wie möglich“ geregelt werden. Von der Nachrüstpflicht befreit werden sollen beispielsweise die Gebäude, die mit Fernwärme versorgt werden, wie beispielsweise Plattenbauten. Die gehören – sofern sie seit den 90er Jahren bereits gründlich saniert worden sind – ohnehin zu den energiesparsamsten Gebäuden der Stadt.

Problematischer sind die schätzungsweise drei Prozent der Berliner Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen und deshalb noch nicht einmal eine brauchbare Wärmedämmung an der Fassade erhalten dürfen, geschweige denn eine Solaranlage auf dem Dach.

Unklar ist noch, unter welchen Umständen die Nachrüstpflicht gelten soll: Während sie beispielsweise in Baden- Württemberg an die Erneuerung des Heizkessels gekoppelt werden soll, favorisiert die Koalition in Berlin eher eine mehrjährige Übergangsfrist, während der die Nachrüstung in Angriff genommen werden muss.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) hält den rot-roten Gesetzentwurf für „ziemlich verunglückt“. Nur jedes dritte Dach komme überhaupt für die Nutzung von Solarthermie – also die Gewinnung von Warmwasser und Heizenergie aus Sonnenlicht – infrage. Bohrungen für Erdwärme sind in weiten Teilen der Stadt nicht erlaubt, weil sie als Wasserschutzgebiete ausgewiesen sind. Laut BBU würde der Einsatz erneuerbarer Energien in den Berliner Mehrfamilienhäusern nur etwa 1,5 Prozent der CO2-Emissionen vermeiden, aber gewaltige 500 Millionen Euro kosten. „Und die müssten größtenteils über die Mieten gegenfinanziert werden“, sagt BBU-Vorstand Ludwig Burkardt. Und Technikreferent Siegfried Rehberg findet, dass der Senat vor einem derart ehrgeizigen Gesetzentwurf erst einmal detailliert ermitteln sollte, durch welche Maßnahmen sich überhaupt welcher Effekt erreichen lässt. SPD und Linke haben bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert. Stefan Jacobs

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