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Ausgebremst. Nur noch etwa ein Drittel der vertraglich mit dem Land Berlin vereinbarten Leistung bringt die S-Bahn derzeit auf die Schiene. Die aus dem Urlaub zurückkehrenden Berliner werden mit der Einstellung von Linien begrüßt – bei höherem Fahrpreis. Foto: dpa

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Berlin: Entschädigung ist nicht in Sicht

Die S-Bahn bietet ihren Kunden nur noch rudimentäre Leistungen, kassiert aber den vollen Fahrpreis. Soll es stattdessen einen Nulltarif geben, bis das Chaos beendet ist? Ein Pro & Contra

Die S-Bahn lässt ihre Fahrgäste weiter lange warten – auf einen Zug oder auf eine Entschädigung. Fahrgäste fordern bereits, dass die S-Bahn jetzt zum Nulltarif fahren müsse, bis sie wieder den Normalbetrieb anbietet. Schließlich habe sie ihr Angebot drastisch reduziert und innerhalb des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) jetzt im neuen Jahr sogar die Preise erhöht.

Wo es keine Leistung gibt, dürfe man auch kein Geld verlangen, argumentieren Befürworter des Nulltarifs. Dieses Prinzip müsse auch für die S-Bahn gelten. Wer jetzt erheblich mehr Zeit braucht, um sein Ziel zu erreichen, solle dafür nicht auch noch bezahlen müssen. Derzeit kann sich eine Fahrt mit der S-Bahn gewaltig verlängern, vor allem, wenn man auch umsteigen muss. Da die Bahnen auf den meisten Linien nur noch alle 20 Minuten fahren und sich dabei häufig auch noch verspäten, stimmen meist die Anschlüsse nicht mehr. Weil Linien eingestellt oder verkürzt worden sind, überlagern sie sich auch seltener. Die Folge: Wo sich einmal fünf Linien bündelten, deren Züge in dichtem Abstand fuhren, sind heute noch zwei Linien in Betrieb – mit einem langen Abstand der Fahrten. Ein Beispiel ist der Bahnhof Adlershof. Die einst dort haltenden S 45 und S 85 sind seit eineinhalb Jahren eingestellt, die S 8 ist derzeit verkürzt und kommt nicht mehr bis Adlershof. Übrig bleiben nur S 46 und S 9.

Doch auch dieses stark reduzierte Angebot rechtfertige es nicht, einen Nulltarif zu fordern, sagen die Gegner. Der Betrieb sei ja – noch – nicht komplett eingestellt. Wären Fahrten gratis, würde wahrscheinlich der Andrang in den wenigen noch fahrenden Zügen so groß werden, dass diese überfüllt würden, befürchten Christfried Tschepe vom Fahrgastverband Igeb und der Verkehrsexperte der CDU, Oliver Friederici. Beide halten, wie auch die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Hämmerling, generell nichts vom Nulltarif. Eine Leistung, die nichts koste, werde als wertlos empfunden.

Statt Fahrten zum Nulltarif für alle Fahrgäste anzubieten, sollte die S-Bahn schleunigst eine weitere Entschädigungsrunde wie zuletzt mit Freifahrten für Stammkunden und der Aufwertung des Einzelfahrscheins zur Tageskarte an Wochenenden beschließen, die nicht erst wieder im nächsten Winter umgesetzt werde, fordert Tschepe. Und Hämmerling will, dass die S-Bahn gezielt die Fahrgäste entschädigt, die wegen der Zugausfälle zum Beispiel wichtige Termine verpasst haben.

Über weitere „Entschuldigungsleistungen“ haben die S-Bahn und der Bahnkonzern noch nicht nachgedacht. Man konzentriere sich derzeit darauf, den Betrieb wieder voll zum Fahren zu bringen, sagte ein Sprecher auf Nachfrage. Bisher hat die S-Bahn für Entschädigungen nach eigenen Angaben 105 Millionen Euro ausgegeben. Klaus Kurpjuweit

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